Kleines Werkbuch für den (beinahe) frustrierten Gymnasiallehrer
Lektionen, Klausurvorbereitung und praktische Hilfen
für die zentralen Prüfungen in A14
"Die Realität toppt alles."
Der Markt regelt sich selbst, sagt die Wirtschaft. Und da die Wirtschaft, also die OECD, ja jetzt die Vorgaben für unser Bildungssystem macht, haben wir den Markt auch bei uns in der Schule. Und wissen Sie, was das schönste am Markt ist? Er war früher ein Zentrum der Kommunikation, und er ist es auch heute in unserer Schule. Auch wenn es da mal eine Unterrichtsstunde gibt, die mir von vorne bis hinten gelingt, das ist schon schön. Ehrlich. Aber am meisten freu ich mich immer noch auf die Pause. Und selbst das Freuen auf die Pause hat seinen Reiz: Nehmen wir mal an, ich hab Unterricht in Raum 203 oder 204. Bis dann alle Schüler sich mehr oder weniger eilig durch die Bankreihen gequält haben, habe ich ca. drei bis fünf Minuten Zeit mich auf die Pause zu freuen. Ich bin ja wohl oder übel der Letzte und schließe ab. Gesetzt den Fall ich muss nicht noch mehrere Räume abschließen, in denen die Fenster einladend offen stehen und das Licht brennt, begleite ich ungefähr fünfhundert Schüler ein gut zwei Meter breites Treppenhaus – das einzige übrigens – zwei Etagen nach unten. Ca. hundert Oberstufenschüler wollen durch eine Tür ins Foyer, wo sie sich aufhalten dürfen, während ca. hundert Kunst- und Musikschüler ihnen entgegen kommen, die nach draußen müssen – äh: wollen. Nach einer theoretischen Stunde über Kombinatorik kann ich hier minutenlang kostenlose Studien anstellen, auf wie viele verschiedene Arten sich junge Menschen unterschiedlichsten Alters und Bewegungstempos klarmachen, dass diese Tür zu ihrer eigenen Sicherheit immer nur von einer Person in einer Richtung begehbar ist, zumal wenn sie ihrer höchst persönlichen Ansicht mit einem zur Waffe umfunktionierten Schulranzen Nachdruck verleihen. Wäre die Tür nur in einer Richtung begehbar und jeder Schüler bräuchte genau eine Sekunde zum Hindurchgehen, dann wäre das bei hundert Schülern... Aber lassen wir die Erbsenzählerei. Wir bringen uns um das Wesentliche der Pause. Im Foyer dürfen sich unsere gut zweihundert Oberstufenschüler aufhalten. Es ist in etwa so groß wie sechs Sauerländer Wohnzimmer und auch ebenso eng möbliert. Seit unsere Schülerzahl deutlich über 800 gestiegen ist, sind ganz neue Formen nonverbaler Körperkommunikation entstanden, die manchen konservativen Eltern Sorgenfalten auf die Stirn drängen. So eng, wie sich unsere jungen Adoleszenten nun auch in ihrer Freizeit aneinander reiben, verführt ältere Sauerländer neuerdings zu völlig falschen Schlüssen: Geht die mit dem, oder zwei junge Männer mit Körperkontakt, da stimmt doch was nicht! Völlig falsch, völlig falsch, liebe Oma! Pack du mal vierzig Sauerländer jeden Werktag in dein Wohnzimmer, wirst sehen: Bald schon umarmen die sich bei der Begrüßung wie alte Sozis, vielleicht sogar mit Bruderkuss, denn dann reicht endlich der Platz zum Stehen. Denn die fünfzig Sitzplätze auf Stühlen und Tischen sind schnell weg.
Ich gebe zu: Ich habe etwas gebraucht mich auf diese Form der Kommunikation einzulassen. Aber hier lässt sich nonverbal differenziert Rückmeldung geben zum Verhalten einzelner Schüler im Unterricht. Tippe ich zum Beispiel einer jungen Dame freundlich auf die Schulter um mir den Weg zum Lehrerzimmer zu bahnen, so heißt dies: Prima, weiter so! Die Kopfnote stimmt! Schiebe ich aber meine Aktentasche vor oder gar meine Schulter mit energischem Nachdruck, so heißt das: Du hast mich letzte Stunde genervt und kommst als erster bei der Stundenwiederholung dran! Und das Gute an dieser Methode ist: Ich stelle keinen bloß; alles geschieht unbemerkt von der Öffentlichkeit und ganz im Rahmen „normalen“ Verhaltens. Sehen Sie: Der Markt regelt sich selbst. Ob Donnerstags vormittags vor dem Gemüsestand oder in der großen Pause im Foyer – viele Menschen eng zusammen, da regelt sich alles von selbst. Habe ich dann endlich den Lehrerzimmerflur erreicht, fliege ich voller Vorfreude an Eltern vorbei, die darauf warten, dass das einzige Sprechzimmer für 1700 Eltern, 850 Schüler, 60 Lehrer, 6 Referendare, 2 Praktikantinnen und einen Berufsberater frei wird, vorbei zu einem unsere Kommunikationszentren: Dem Platz vor der Lehrerzimmertür. Spielte sich früher Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern unbemerkt im Treppenhaus oder Fluren ab, so bin ich hier sofort einbezogen. Keine Minute ist hier verloren, die man darauf verwendet ins Lehrerzimmer durchgelassen zu werden: Ich weiß sofort, welche Schüler immer wieder auffällig werden, welche Aktionen geplant sind und wie viel sie kosten. Ich sehe die Mappen, die ich meinen Kollegen ins Fach oder auf den Platz legen soll, und weiß, dass ich mit meinem Unterricht mal wieder zwei Wochen hinterher hinke. Lehrer werden ausgerufen, Prioritäten gesetzt: „Wenn Herr Borys nicht da ist, dann nehme ich auch Herrn Wrede!“ Hier werden Unterschriften vorgezeigt, Disziplinarsachen geregelt, einfach alles, was auf einem Markt auch geschieht. Ein Schüler holt die Jacke von Frau X, ein anderer den Laptop von Herrn Y. Die letzte Kreide für diesen Monat wird versteigert. Welch ein Segen, dass das neue Schulgesetz hier den Ausschank von Alkohol verbietet – die Schüler gäben nie wieder den Weg zum Lehrerzimmer frei!
Beim ersten Schellen zum Ende der Pause erreiche ich das Innere des Lehrerzimmers. Eine Traube von Lehrern steht auf einem der wenigen Quadratmeter, auf dem nicht ein Tisch oder einer der 50 Stühle für die 60 Lehrer steht. Hier ist die Lage etwas verzwickter. Zwar verhandeln nur drei Kollegen mit einander, jedoch wollen sechs weitere Gespräche mit je einem von den Dreien; sie stehen in einem äußeren „Kreis“, d.h. schon auf Stuhlkanten sitzend um nicht abgedrängt zu werden und lassen mich nur ungern durch. Auch auf der Stuhlkante meines Stuhls sitzt eine Kollegin. Bei ihr ist der Gesprächsbedarf wirklich dringend. Gott sei Dank ist sie jung und biegsam, so dass ich an meine Kaffeetasse herankomme. Leider muss ich noch einmal durch den Lehrerpulk, in dem nun gleichzeitig drei Themen verhandelt werden. Ein Kollege ist einen Moment unachtsam, und schon dränge ich mich hindurch und stehe mitten im Pulk. Drei Augenpaare sehen mich wissend an, drei Kommunikationsströme – Schulfest-Planung, Müllproblem, Gleichstellungs-Fortbildung – bündeln sich im Fokus meines Gesichts. „Schuldigung. Wollte zum Kaffee...“ Den Moment der Verblüffung nutze ich und reihe mich ein in die kleine Schlange vor der Küchenzeile. Warum müssen Türen immer nach vorn aufgehen, warum hat noch niemand eine Spülmaschine mit Schiebetür erfunden? Bei jedem Öffnen einer Tür der Küchenzeile verschiebt sich das gesamte sensible Beziehungsgeflecht der Pädagogen. Ich erreiche den Kaffee ohne mich an der Diskussion über die Finanzierbarkeit von Klassenfahrten zu beteiligen. Ich betätige den Hebel der Kaffeemaschine – leer! Doch bevor meine gute Laune in Gefahr gerät, schellt es auch schon zum zweiten Mal. Jetzt habe ich kein Problem mehr mit dem Kaffee. Eigentlich müsste ich bereits wieder in der Klasse stehen. In so fern: Der Markt regelt eben alles! Statt unproduktiven Herumsitzens wie früher konnte ich auf verschiedensten Ebenen an Kommunikation teilhaben. Ob ich es wollte oder nicht.
Übrigens habe ich gehört: Wir haben dieses Jahr nur 60 Anmeldungen, letztes Jahr waren es noch 120. Ich weiß gar nicht mehr, wer mir das gesagt hat. Aber sei’s drum. Wir müssen noch viel lernen: Der Markt regelt sich selbst.
Sind Sie religiös? Entschuldigung, ich ziehe die Frage zurück. War indiskret. Aber wir haben seit einiger Zeit einen neuen Schulleiter, der ist Religionslehrer. Eigentlich mein Wunschschulleiter. Eben weil er Religionslehrer ist. Meist sind das ja Deutschlehrer oder Geschichtslehrer, weil die so gut reden können. Und die Stellvertreter sind oft Mathelehrer oder Informatiklehrer, damit sie Stundenplan und Vertretungsplan besser hinkriegen. Unser Schulleiter ist Religionslehrer, und das ist meiner Meinung nach die beste Wahl. Haben Sie sich mal überlegt, wo die ganzen Priester bleiben, die aus dem Dienst ausscheiden und dann doch eine Familie und eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit anstreben? Nicht das unser Chef so einer wäre. Aber die Ex-Theologen, die werden doch alle Kommunikationstrainer oder Fachleute für Corporate Identity und so. Die sollen dort die Betriebe zusammenhalten, wo es die Chef-Etage nicht schafft. Von unten sozusagen. Vielleicht hat die Wirtschaft eher als die Bildungslandschaft begriffen, dass nicht nur der Mensch unheilbar religiös ist, sondern auch alle Institutionen, Firmen und sonstigen Vereine im Grunde genommen anonyme Gebetsgruppen sind. Sie wissen es nur noch nicht.
Nehmen wir mal unser Lehrerzimmer. Es ist ein lebendiges, leicht überbevölkertes, sensibles Ökosystem (siehe Lektion 1). Betritt der Schulleiter den Raum, so erwarten viele von ihm, dass er sich mit Autorität Gehör verschafft. Das heißt jedoch nicht, dass sie deswegen ihren Redeschwall unterbrechen. Ein normaler redegewandter Schulleiter – oder einer, der es werden möchte – hätte hier keine Chance. Nicht so der Religionsschulleiter. Er weiß, dass jeder Gottesdienst – selbst der der Reformierten – einen Altar benötigt. Und als solchen pflegt er das Schwarze Brett.
Na ja, es ist nicht schwarz, unser Schwarzes Brett, sondern weiß, und ein Brett ist es auch nicht, sondern aus Metall. Und mit vielem, was dort steht, ist es ähnlich. Aber trotzdem ist es unser schwarzes Brett. So etwas nennt man Tradition. Es ist eine unserer letzten. Andererseits sind viele Reformen ja auch nur Traditionen, die man vergessen glaubte und als neu verkauft werden. Aber das war jetzt polemisch. Schauen wir auf das Hoffen und Leiden, das sich im Schwarzen Brett manifestiert. Wie oft – und wie lange – sieht man die jungen Kollegen davor stehen um die Botschaft der Hoffnung zu erhaschen, nach der sie suchen. Dabei müssen sie mühsam lernen wie ein solches Schwarzes Brett funktioniert. Und das lernt man erst, wenn man von seinem Platz aus in absoluter geistiger Einfachheit darüber hinlänglich meditiert, nicht aber durch die operative Hektik, die in wilder Entschlossenheit versucht sich diese zwei Quadratmeter papierenen Mosaiks durch bloßes Lesen zu eigen zu machen.
Schauen Sie: Von meinem Platz aus zum Beispiel sieht man deutlich den Unterschied zwischen linker und rechter Hälfte: Links wechseln die Zettel in rascher Folge, und jede und jeder versucht voller Hoffnung die gute Botschaft zu erhaschen. Doch hier ist ein WIN WIN keine Gewinnbenachrichtigung, und wenn: So ist es wie bei den telefonischen Gewinnbenachrichtigungen unseriöser Anrufer – die Zeche bezahlt der Angerufene, der Gewinner. Hier zum Beispiel handelt es sich um eine schnöde Klausuraufsicht, die noch nicht einmal als Vertretungsstunde angerechnet wird, wenn sie denn zusätzlich geschieht. Andere scheinbar zufällig zusammen stehenden Kürzel ergeben nur dem im – räumlichen wie geistigen – Abstand Verweilenden einen Sinn: SCH WIN GER, KNO RKL, DÖR TEW ADA, KAU DÖR WÜL SCH, SHA BRA KRÄ, LIE BET PAU KRL, oder schlicht: FAL SCH. Überall ergeben sich dem Meditierenden verschlüsselte Botschaften, Mantras, die ihn durch den Tag, durch den pädagogischen Alltag tragen können.
Schwarze Bretter sind die Altäre der Lehrerzimmer. Und sie brauchen einen Priester, einen Zeremonienmeister. Erleben Sie einmal bewusst die weihevolle Atmosphäre, die sich ergibt, wenn ein neuer Aushang erscheint – ein offizieller Aushang natürlich. Das sind die auf der linken Seite, nicht die rechts. Rechts sind Aushänge der Laien, links die der Priester. Überall in unserer Schule gibt es kleine Sakramentenhäuschen mit verzweifelten Versuchen eine eigene Aushang-Tradition zu begründen, jedoch ist dies wirklich nur in der weihevollen hierarchischen Verbindung mit dem geistlichen Kommunikationsoberhaupt, dem Religions-Schulleiter, wirklich zu schaffen. Kein normal sterblicher Geschichts- oder Deutsch-Schulleiter könnte dies, weil ihm die nötige Weihe fehlt. Selbst in Klassenräumen finden sich Versuche kleiner Schwarzer Bretter, auf denen diverse Schulordnungsfragmente vergangener Jahrzehnte neben mehr oder weniger aktuellen Fluchtplänen für den Notfall hängen.
Haben Sie sich mal überlegt, was einen Lehrer, der neu in das Kollegium kommt, zuerst und vordergründig interessieren wird? Wo ist welche Klasse? Wieso wo und welche Klasse denken Sie. Hier ist alles logisch. Und außerdem wie immer. Na ja, wenigstens so prinzipiell. Außer die 10c, die ist unten. Und wenn die Differenzierung haben, dann müssen Sie sehen, na ja, Sie werden das schnell rauskriegen, nächste Woche erklär ich Ihnen mal mehr, ich muss jetzt in den Unterricht... Haben Sie Hauslehrpläne für meine Fächer? Sagen Sie nichts, ich weiß Ihre Antwort: Ja. Ja werden Sie sagen, haben wir. Aber ich muss jetzt in den Unterricht. Kann ich die mal sehen? Ja. Ja werden Sie sagen, können Sie. Aber ich muss jetzt in den Unterricht. Wissen Sie, wo die sind? Sagen Sie lieber nichts. Wer ist denn für die Schulbücher zuständig? Wie geht das mit der Bibliothek? Kann ich mir da was ausleihen? Was heißt eigentlich Aufsicht Parterre? Was muss ich da machen? Worauf muss ich achten? Ich muss jetzt in den Unterricht. Sagen Sie lieber nichts. Neue Kollegen sind oft so schrecklich weltlich, oberflächlich und unsensibel...
Wir haben ein junges und engagiertes Kollegium. Viel Aktion, viel Hoffen und Leiden, und viel Kommunikation. Unser Schwarzes Brett ist quasi das Sakrament des Lehrerzimmers – jeder Aushang schafft eine neue Wirklichkeit. Hier findet sich das Kyrie und das Gloria der Schule, das Credo und der Messdienerplan. Ehrfurchtsvoll verharren die Kollegen davor. Leider zu dicht und zu oft nur vor den Vertretungsplänen, die doch nur die Routine zwischen Krankheit und Fortbildung widerspiegeln. Der Geburtstagskalender fristet dagegen ein kärgliches Dasein an der Säule, während das aufschlussreiche Bild von Marietta und ihrer kleinen Tochter Sarah so schnell den Weg alles Irdischen gegangen ist.
Unser Schwarzes Brett ist nicht schwarz, und es ist nicht aus Holz. Und der Vertretungsplan – rein weltlich gelesen – sagt nicht: Unser Krankenstand ist zu hoch. Der Aushang zu Beförderungsstellen erzählt dem Unwissenden nicht davon, wer davon angesprochen ist oder wie man seine Hoffnungen konkretisiert und sich bewirbt. Die Einladung zu Gabis fünfzigstem Geburtstag sieht man gar nicht, wenn man nicht direkt davor steht, selbst die handschriftliche Notiz zum Tod des Vaters einer Schülerin übersieht man leicht, obwohl sie einem vor der Nase hängt. Aber eben im rechten Teil des Schwarzen Bretts. All das sieht man erst, wenn man auf seinem Platz sitzt und in sich geht. Es sei denn, es stehen zu viele Kollegen vor einem, so dass man das Wesentliche nicht mehr sehen kann. So wie in der Kirche. So wie meistens.
In der ersten Lektion haben wir gesehen, wie Kommunikation sich selbst erschafft und auch wieder abschafft: Der Markt regelt sich selbst. Das kann jeder Pädagoge schnell am eigenen Leib erfahren, wenn das Schuljahr etwas weiter fortschreitet. Zu den Einsichten der zweiten Lektion – Kommunikation braucht Altäre – bedurfte es schon etwas Einfühlung und eines Sitzplatzes im Lehrerzimmer. In der dritten Lektion jedoch haben wir es mit einem sehr verborgenen, flüchtigen und auch dialektischen Phänomen zu tun: Der Dienstvorschrift. Sie wissen nicht, was das ist? Sie wissen nicht wozu man die braucht? Sie wissen nicht wo Sie die finden? Das liegt in der Natur der Sache. In der Regel brauchen Sie die auch nicht. Sie haben ja einen Schulleiter. Noch.
Schauen wir uns zuerst einmal die Herkunftsbereiche verschiedener Dienstvorschriften an:
Schauen wir uns nun ein Beispiel einer typisch westfälischen Dienstvorschrift (Isoglosse) an:
„Bei einer Dauer von mehr als zwei Wochen muss der darüber hinausgehende Teil der Schulwanderung oder der Schulfahrt in die Ferien gelegt werden.“
Allein die Bezeichnung „Wanderrichtlinien“ zeigt die westfälische Herkunft an. Obwohl z.B. Bochum in einem Gebiet liegt, in dem es nicht ganz leicht fällt eine mehr als zweiwöchige Wanderung zu unternehmen, fällt im ripuarischen (sprich: kölschen) Dialektraum der Pädagoge allein schon in eine Krankenschein-verdächtige Starre, wenn er nur das Wort „Wandern“ hört, während der Bochumer denkt: „Prima, Winterberg liegt doch auch im Ruhrgebiet. Dann mal nix wie los, ihr Kanaken!“
Andererseits liest man im Erlass für die Offene Ganztagsschule:
„Benachbarte Schulen können gemeinsame außerunterrichtliche Angebote vorhalten.“
Der Begriff „benachbarte Schulen“ ist etwa dem Sauerländer suspekt, er kennt ihn nicht einmal, und wenn, dann hat dieser Begriff eher die Bedeutung von „siegerländisch“ oder „ostwestfälisch“. Das lässt erahnen, warum Dienstvorschriften dem gemeinen Pädagogen nicht einfach wahllos ins Lehrerzimmer gestellt werden, sondern nur von dazu eigens vom Dezernenten persönlich anzusprechenden Vertrauenspersonen im Internet aufgesucht werden. Zum Verständnis von Dienstvorschriften und Erlassen kommt erschwerend hinzu, dass ihnen – wie wir in Lektion 2 bereits erahnten – ein religiöser Bekenntnis- und Hoffnungscharakter zu eigen ist. Beispiel:
„Die Gemeinde unterstützt die Schulen, insbesondere die Schulleiterinnen und Schulleiter bei Konzeption, Organisation und Umsetzung des Schulbetriebs.“ ABl. NRW. S. 29, 26.1.2006
„Der Unterricht soll so verteilt werden, daß der jeweiligen altersbedingten Belastbarkeit der Schülerinnen und Schüler Rechnung getragen wird.“ GABl. NW. I S. 149, 24.6.1992
Je ungewisser die Umsetzung des Angeordneten erscheint, desto eindrücklicher und indikativischer sind die Dienstvorschriften formuliert – genauso wie wir es aus den Bekenntnissen unserer großen Religionen kennen. Insofern scheint es noch einmal mehr berechtigt, in Zukunft vermehrt Religionslehrer zu Schulleitern oder zu solchen arkanen Vertrauenspersonen im Kollegium zu berufen.
Scheinbar lassen sich Erlasse im Internet auch für den Nichtberufenen einsehen. Der Schein trügt jedoch. Entscheidende Entwicklungen wie neue Lehrpläne, die Schulprofilbildung oder die gesamte Entwicklung des Gymnasiums in 8 Jahren („G8“) werden nur über Vertrauensleute, Schulleiter und flüchtige Internetpräsenzen realisiert. Wenn Sie lesen: „Die Kollegen hatten Zeit zwischen dem 23.9. und dem 1.10.2005 ihre Meinung zu den Vorschlägen auf der Website www.dingenskirchen.de kundzutun“, dann ist es entweder schon 2006 oder Ihnen fehlte gerade das Passwort. Doch lassen Sie sich nicht beunruhigen. Da die schulischen Dienstvorschriften schon diesen arkanen religiösen Charakter tragen, bringen Sie ihnen auch das entsprechende vorbehaltlose Grundvertrauen entgegen. Denn je flüchtiger die dienstlichen Vorschriften sind, desto eher wird Ihr Schulleiter Ihnen etwa Folgendes mitteilen können:
„Die Landesregierung sieht die Schulprofilbildung nicht mehr als obligatorisch an.“
Das versteht jeder Pädagoge sowohl im ripuarischen, ostbergischen, südniederfränkischen wie auch im westfälischen Sprachraum: „Schuldigung, wir haben uns vertan. War nicht so gemeint.“
Wann haben Sie das letzte Mal in Ruhe einen schwarzen Tee getrunken oder jemandem bei dem Genuss von schwarzem Tee aus der Nähe zugesehen? Beobachten Sie demnächst einmal die Oberfläche des heißen Tees genauer: Es ist kein Dampf, der dort in ständig wechselnden Mustern umherhuscht, zusammenhängende Flächen bildet, dann wieder aufreißt um sich mit anderen Fetzen erneut zu verbinden. Der Mathematiker nennt das – durchaus mit einem gewissen Leuchten in den Augen – das Chaos. Wissen Sie, wie unvorhersagbar das Wetter ist, wie schnell eine unbedeutende Keimkonzentration zu Niederschlägen führen und die weitere Entwicklung des Wetters damit maßgeblich verändern kann? Auch Chaos. Natürlich hat das Chaos seinen Schrecken in der Neuzeit verloren, da wir heute mathematisch und auch technisch damit umgehen und es – zumindest im Nachhinein – erklären können.
Eine Konferenz ist auch ein solches Chaos. Wie gesagt: ein beherrschbares Chaos, in dem man immer hinterher sagen kann, wer woran schuld war. Schon ein einziger Lehrer, der zu spät kommt, kann zu einem Kondensationskeim werden. Oder ein unausgereifter Tafelanschrieb in einer Klasse, in dem plötzlich eine Konferenz stattfindet. Dieses Plötzlich hat nichts damit zu tun, dass Konferenzen nicht lange vorher angekündigt werden. Konferenzen haben immer etwas Plötzliches, Zufälliges. Sie brechen herein wie Katastrophen eben hereinbrechen. Das sorgsam gehütete tägliche Lehrer-Gleichgewicht aus vormittäglichem Edutainment und mittäglichem Chill-in bringt eine Konferenz immer aus dem Gleichgewicht, egal wie lange vorher sie angekündigt gewesen sein mag. Unausgeglichene Lehrer im nachmittäglichen Wachkoma sind in Konferenzen so etwas wie einzelne kleine Tiefdruckgebiete auf der Wetterkarte oder in der Teetasse, empfänglich für zu spät kommende, übermüdete oder gar unvorbereitete Kollegen als Kondensationskeimersatz, um unvermittelt in die Niederschlagsphase überzugehen. Hatte gerade ein solches unausgeglichenes Tiefdruckgebiet noch seine Warmfront dem anwesenden Kollegium präsentiert, so kann es mit einem dünnen Lächeln und einer Einleitung wie etwa „Wenn man wie ich schon etwas länger im Geschäft ist, lieber Kollege, dann weiß man...“ urplötzlich in die Niederschlagsphase übergehen. Der Chaostheoretiker muss an dieser Stelle zweierlei anmerken:
1. Solche Phasenübergänge sind von Natur aus irreversibel, lassen sich also prinzipiell weder durch Zugeständnisse eines Anwesenden noch durch eine geschickte Moderation des Konferenzleiters rückgängig machen und alle Beteiligten wieder in ihre halbkomatösen Strichmännchenmalphasen zurückfallen lassen. Ausnahme: Eine noch größere Katastrophe durchbricht die kleinere, z.B. wenn der Schulleiter anwesend ist und einzelne Kollegen anschließend zum Rapport bittet.
2. Solche Katastrophen – bzw. „Phasenübergänge“, wie es ja korrekt heißt – sind durchaus nicht zufällig, sondern determiniert und durch bestimmte Beobachtungen kurzfristig voraussagbar – weshalb Sie sich einen Platz nahe der Tür sichern sollten und bei sicheren Indizien für einen Phasenübergang kurz einmal verschwinden oder bei der Auszählung der Wahlergebnisse mithelfen sollten. Rückt eine Kollegin dreimal hintereinander in absoluter Regelmäßigkeit ihre Brille zurecht, stellt ein Kollege in absoluter Regelmäßigkeit dreimal dieselbe Frage, dann ist das ein sicheres Zeichen für einen bevorstehenden Phasenübergang. Dann müssen Sie schnell auf die Toilette, auch auf die Gefahr hin, dass Sie, gerade Sie, in Ihrer Abwesenheit der auslösende Kondensationskeim für die neue Krise sind. Konferenz muss Chaos sein, Zufälligkeit, Beliebigkeit. Ja, auch in der Notengebung. Nur so bleibt die Leistungsbewertung ein lebendiger Prozess und dialogaler Austausch. Das Gegenteil kennen wir: Wenn ein Kollege in seiner Leistungsbewertung nicht mehr lebendig ist, dann gibt er allen seinen Schülern einfach eine „2“ oder so. Hier gibt es kein Chaos, und der betreffende Kollege ist wahrscheinlich auch noch stolz auf seinen Ordnungssinn. Zum determinierten Chaos einer Konferenz gehören äußere Parameter, die das Chaos steuern. Glauben Sie nicht, dass Sie die Effizienz einer Konferenz durch eine bessere Planung, verbesserte Aufmerksamkeit durch Aufputschmittel o.ä. nachhaltig verbessern könnten. Die Anzahl von Konferenzen mit kleinen Klimakatastrophen können Sie ganz einfach steuern, indem Sie die Anzahl der Konferenzen einfach mal verdoppeln oder bewährte Konferenzen in die frühen Abendstunden verlegen um den Unterrichtsausfall zu minimieren. Selbst der vom Ministerium vorgeschlagene Samstag, an dem Lehrer nun wirklich erholt sein müssten, wird zu überraschenden „Niederschlägen“ führen. Ein anderer Parameter ist die Dauer von Konferenzen. Verkürzen oder verlängern Sie bisherige Konferenzzeiten einfach mal und beobachten Sie aufmerksam, welch lustige Kapriolen das Schulklima vollführt.
Machen Sie sich also frei von jeglichen Konferenzphobien oder –komplexen. Die Frage vor einer Konferenz lautet nicht: „Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen?“ sondern: „Kann eine Kopfnotenreform in Düsseldorf einen handfesten Streit in unserem Kollegium auslösen?“ Die Antwort lautet einfach: Ja. Also seien Sie freundlich und offen in der Konferenz. Belohnen Sie sich vorher und nachher. Feiern Sie Ihre Siege oder Ihre Niederlagen – ganz wie Sie wollen. Denken Sie nicht so sehr darüber nach, ob eine Reform sinnvoll ist oder nicht. Denken Sie nur daran: Immer schön nahe an der Tür sitzen. Nur für den Fall.
Eigentlich müssten Elternabende ein Highlight des Schuljahres sein: Im romantischen Halbdunkel der Schule treffen sich lebenserfahrene erwachsene Menschen um gemeinsam über das Abenteuer zu sprechen Kinder zu begleiten, die so ganz anders sind als sie sein sollten. Die Eltern wundern sich, dass die Kinder sich nicht im Schoß der Familie, sondern in der rauen Wirklichkeit des Schulhofs geborgen fühlen, während die Lehrerin sich darum grämt, dass ihre Zöglinge zuhause das Erlebte regelmäßig falsch wiedergeben, so dass die Eltern einen völlig falschen Eindruck von der Schulwirklichkeit gewinnen. Auf der anderen Seite sind Elternabende eigentlich in Bezug auf die schulinterne Kommunikation die innovativste Einrichtung überhaupt. Aber der Reihe nach.
Schauen wir einmal auf den Ablauf eines Elternabends. Je nachdem ob der Kollege bzw. die Kollegin neu oder bereits berufserfahren ist, gestalten sich die Abende unterschiedlich. Für junge Kollegen gibt es zu Anfang eine hohe Schwelle: Welche Rolle spiele ich eigentlich? Es heißt doch „Elternabend“, und nicht „Klassenlehrerabend“. Eine präzisere Bezeichnung dieser Veranstaltungen ist wohl der Begriff „Elternpflegschaft“. Es wurde diese Bezeichnung gewählt, damit der Junglehrer bei dem Begriff „Pflege“ direkt das Richtige assoziiert: Pflegenotstand, Pflegeversicherung, Mobile Dienste, usw. Die Eltern verfallen zuerst einmal in ein vorreligiöses Schuldbewusstsein und die zugehörige Starre. Erfahrene Lehrer sprechen hier eine schulische Lossprechungsformel, etwa: „Pflegschaftsvorsitz kann jede von Ihnen, die Formblätter habe ich vorbereitet, die brauchen Sie nur noch zu unterschreiben. Und Ihre Bereitschaft könnte sich bei den neuen Kopfnoten in der Rubrik ‚Engagement der Eltern’ positiv auf dem Zeugnis Ihres Kindes auswirken.“ Und schon kommt Bewegung in den Pflegschaftsnotstand. Meistens. Zusätzlich kann man im Vorfeld wirken, etwa indem man eine Anzahl von Tischen und Stühlen in den Nachbarräumen verteilt, so dass die Eltern aktiv werden bzw. zu Aktivitäten gebeten werden müssen. Temperieren Sie den Raum so wie es der Abend verlangt: Befürchten Sie längere Diskussionen, so lüften Sie vorher kräftig (Winter) oder schließen Sie die Fenster ab und geben vor keinen Schlüssel zu besitzen (Sommer). Befürchten Sie eine Schweigerunde, so zeigen Sie Dias aus Ihrer Jugend, den neuen Lehrern oder von Lehrern, die vor 30 Jahren an dieser Schule unterrichtet haben. Möchten Sie auf den desolaten Zustand des Schulgebäudes hinweisen, so legen Sie eine halbe Stunde vorher etwas Käse aus, so dass sich die Mäuse der gesamten Etage beim Elternabend zeigen. Je nach Zustand des Fußbodens können Sie auch eine Vorstellungsrunde auf Sitzkissen machen.
Beginnen Sie nicht zu früh. Führen Sie statt dessen unauffällig mit einzelnen Eltern Gespräche um herauszufinden, wer von ihnen einen Kopierer besitzt. So lassen sich die vom Schulträger gesetzten Grenzen des Schulbudgets leichter einhalten. Vergeben Sie nicht „Dienste“, sondern Abzeichen: den Design-Aufkleber „MD5a“ für die Tür des Familien-PKWs, der den stolzen Besitzer als „Mobilen Dienst der Klasse 5a“ auszeichnet. Erfahrene Kollegen vergeben hier eigene Nummernschilder („HSK-MD 37“), die in größerer Stückzahl vorbestellt sind und ein Schuljahr Gültigkeit haben. Besitzer solcher Nummernschilder dürfen dann zu Schulveranstaltungen wie der Bandprobe oder Klassenfahrten, die aus Kostengründen in Köln HBf beginnen, wahlweise bis zu 7 Personen oder 14 Schüler pro PKW befördern. Besonders engagierte Eltern bringen vergesslichen Zöglingen gerne auch noch Zeichenblock, Atlas oder MP3-Player in der Pause ins Klassenzimmer. Der Schwimmbadzubringerdienst erhält für die Badehose oder den Badeanzug einen Aufnäher „Erlebnisschule Städtisches Gymnasium“ sowie eine Parkberechtigung für die Kurzparkzone am Hintereingang des Schwimmbades. Der Abholdienst für Disziplinarfälle auf der Klassenfahrt bekommt einen Tankgutschein in Höhe von 10 € (vom Förderverein) sowie einen für ein Jahr gültigen Ausweis „Eltern im Einsatz“ mit Eintrag des Autokennzeichens und Schulsiegel.
Telefondienste sind übrigens out. Rundrufe sind was für Grundschulen. Zu Beginn des gymnasialen Schuljahres werden die Email-Adressen beim Pflegschaftsvorsitz angemeldet, der diese sammelt und pflegt – was der Titel ja schon andeutet. Das ist nicht nur innovativ, sondern entlastet auch den Unterricht, da zur Zeit im Schnitt 1,7 fehlgeleitete Anrufe pro Lerngruppe und Unterrichtsstunde eingehen. Ansonsten weisen Sie die Eltern darauf hin, welches Handy in diesem Halbjahr in der Schule zugelassen ist. Die Klingeltöne müssen vor Benutzung beim Klassenlehrer registriert sein, damit dieser die Kinder darauf hinweisen kann, welche Mutti in der Pause angerufen hat.
Denken Sie daran, dass Ihre pädagogischen Bemühungen bei den Kindern im Sande verlaufen, wenn Sie nicht vorher die Eltern auf Ihrer Seite haben. Motivieren Sie die Eltern ab und zu nach ihren Kindern zu sehen und sie nach ihren Lernerfolgen zu fragen. Starten Sie zum Beispiel ein Gewinnspiel, bei dem alle Eltern, die dreimal Klassenarbeiten oder Mitteilungen des Klassenlehrers innerhalb einer Woche abgezeichnet haben, die Berechtigung erhalten ihr Kind vor dem Unterricht bis direkt vor den Haupteingang zu fahren. Selbstverständlich haben Sie nicht den Auftrag die Eltern zu erziehen. Schließlich handelt es sich nicht nur um erwachsene und selbstständige Bürger, sondern auch um ihre Partner im Erziehungsprozess. Und das meine ich jetzt nicht im Sinne von Staatsanwalt und Verteidiger. Dennoch könnten sie die Eltern auf gewisse Pflichten (Anzeige von Wohnort- und Schulwechsel, altersgemäße mitteleuropäische Bekleidung, Einhalten des Alkoholverbots im Schulfrühstück, etc.) nachhaltig hinweisen. Die Landesregierung steht Ihnen dabei hilfreich zur Seite mit der Einführung neuer Kopfnoten: „Engagement der Eltern“ (s.o.), „Finanzkompetenz der Eltern“ sowie „Verhalten im Straßenverkehr“, was den Schulparkplatz zuvörderst mit einbezieht.
Denken Sie daran, dass der eigentliche Tagesordnungspunkt eines Elternabends immer der Punkt „Verschiedenes“ ist. Vermeiden Sie es den Abend hier zu verlassen, da sonst die Eltern möglicherweise vom Abendhausmeister eingeschlossen werden und Sie am nächsten Morgen unrasiert (Kolleginnen: ungeschminkt) antreffen könnten. Vielmehr bietet sich die romantische Atmosphäre des Schulparkplatzes an ungestört von Ohren anderer Elterncliquen einmal die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit über die Machenschaften in Ihrer Klasse zu erfahren.
Ich komme in den Medienraum um mir moderne Technik im Unterricht zu sichern – den Overheadprojektor, kurz: OHP. Doch der OHP ist nicht da. Ich mache mir Gedanken.
Vor einigen Jahren hatten wir Listen, wo wir uns eintragen konnten. Das hatte Vorteile, wie ich meine: Listen haben die Eigenschaft, dass sie Schwellenpädagogik vermindern, da man nicht mal eben schnell... Sprunghaften Schülern, die meinen, das könne man doch mal eben schnell auf Folie sammeln und es in der nächsten Stunde wieder auflegen, ist in der Regel nicht klar, was für einen Kostenpunkt der Verbrauch von Folien und Folienstiften das bedeutet. Zwar werden diese meist privat vom Lehrer bezahlt und stellen somit keinen formal relevanten Kostenfaktor im Bildungswesen dar, aber es bleiben immerhin noch die Kosten für Strom und Ersatzleuchtmittel. Die Liste hat also den Zweck alle diese Kosten beherrschbar zu machen und den unnötigen spontanen Einsatz von OHPs zu minimieren.
Jedoch hat die Liste natürlich auch einen Nachteil, zumindest scheinbar: Du kommst in den Medienraum und der OHP ist trotzdem nicht da, und zwar mitsamt der Liste. Ja da wird der Hund doch in der Pfanne verrückt: Welcher Kollege hat denn da schon wieder...? Mein Adrenalinspiegel steigt. Listen sind kein Allheilmittel, sagen die Skeptiker in unserem Kollegium, selbst wenn man sie im Chefzimmer aufhängt und sich jeder Kollege unter Aufsicht des Schulleiters dort ein- und austragen muss. Und sie lassen es wieder mit den Listen, unsere Realos. Doch wer sich etwas näher mit Kommunikation beschäftigt hat, der weiß, dass sie hier einem groben Missverständnis erliegen.
Denn [Merksatz]:
Was will uns dieser Merksatz sagen? Im Wirtschaftsleben draußen weiß man: Innovation braucht Investition. Jeder Betrieb, der sich heutzutage weiterentwickeln will, entlässt erst einmal die Hälfte des Personals, verlagert die Produktion nach Rumänien oder Indochina und investiert dann in neue Technologien. Und schwupp – steigen die Aktien! Abgesehen davon, dass unsere Schule noch keine AG ist (auch wenn es schon einige AGs in unserer Schule gibt), fragt man sich zuweilen: Warum ist das bei unserer Schule nicht möglich? Warum kann man nicht einfach die Hälfte des Personals entlassen, die Schule nach Rumänien verfrachten, dort in Schulgebäude und Lernmittel investieren und schwupp – steigt die Qualität der Lehre!?
Schauen wir uns einmal die originären Eigenschaften des Bildungswesens, also etwa des Ökosystems Schule an, dann erkennen wir den grundsätzlich idealistischen Charakter von Bildung. Während der Lehrerberuf eine Berufung darstellt und deshalb lebenslang an eine Stelle gebunden ist – Versetzungen und Beförderungen werden im allgemeinen nicht gerne gesehen! – bietet die Wirtschaft „Jobs“. Hat man z.B. eine Bank oder eine Firma als Vorstandschef gegen die Wand gefahren, so geht man nicht in Sack und Asche, sondern kassiert fröhlich seine Abfindung und wird Unternehmensberater oder Kommunikationstrainer. „Kommunikationstrainer?“ werden Sie fragen. Aber ja: Kommunikationstrainer. Oder Unternehmensberater. Wer einmal erfahren hat, welche Energien misslingende Kommunikation entfacht, der kann Andere voran bringen. Ein liegen gebliebener Umlauf zum Sportfest beispielsweise entfacht vielleicht erst einmal Unmut bei dem Kollegen, der nun Fragen zum Verlauf jeweils Gruppen von 10-20 Schülern vor dem Lehrerzimmer beantworten muss, bis alle 850 informiert sind. Im nächsten Moment, also etwa zwei Wochen später, wird seine Aufmerksamkeit wie von selbst gestärkt: Wie konnte es nur dazu kommen? Weshalb blieb ausgerechnet mein Umlauf liegen? Warum musste das Sportfest ausfallen? Dabei ist es gleich, ob das Ergebnis der Analyse nun bei einem bestimmten Kollegen mündete, beim seit Tagen fehlenden Raumplan im Lehrerzimmer oder bei der mangelhaften Software-Ausstattung des heimischen Rechnerverbunds. „Warum habe ich nicht die Fortbildungswoche für Aushang- und Umlaufdesign bei der Unternehmensberatung Pro Motion besucht?“ wird sich der Kollege vielleicht anfangs noch das Hirn zermartern. Doch bald wird er auf Kollegen zugehen, wird gegen das kommunikative Auseinanderdriften des Kollegiums anarbeiten und Energien freisetzen. Bald wird es in allen Konferenzen heißen: „Wir haben unsere Erfahrungen mit der Mediennutzung in unserem Haus intensiv kommuniziert.“ Jeder wird beginnen an sich zu arbeiten um die positiven Aspekte fehlgeleiteter Kommunikation zu entdecken. Und jeder wird bestätigen: „Das Kollegium ist jetzt wieder dichter zusammengerückt“ (s. Lektion 1). Dazu brauchen wir nun keine Lehrerausflüge mehr auf Kosten von Unterrichtsausfall. Kommunikation innerhalb eines Kollegiums bricht eigentlich erst dort auf, wo eben nicht jeder Klassenraum einen OHP hat, wo man nicht für jeden Unterricht einen Beamer organisieren kann – und sei es, dass nur ein Kabel oder eine Fernbedienung fehlt. Zur Berufung eines jeden Lehrers gehört zutiefst das Gefühl auf Kommunikation mit den anderen Menschen angewiesen zu sein. Wenn in jedem Kursraum gleich zu Beginn genügend Tische und Stühle zu finden wären, worin sähe der Lehrkörper die originäre Notwendigkeit miteinander zu kommunizieren? Eine Schule einfach mit dem Nötigsten zu versorgen macht Lehrer und Schüler satt und kommunikationsfaul. Kommunikation ist immer der Ausdruck eines Notstandes – oder müssen sie im Urlaub auf Ihrer Jacht abends um sieben im Sonnenuntergang noch viel reden? Ach, Sie haben keine Jacht? Sie investieren immer noch in Folienstifte? Sehen Sie – an Ihnen geht das Leben eben nicht vorbei, sie sind immer noch eingebunden in die Not-Wendigkeiten des Alltags.
Fazit:
Wie schön, wenn Sie nicht alle neuen Erlasse in den einschlägigen Internetseiten dieser Woche gefunden haben – so werden Sie viel intensiver mit Ihrem Schulleiter oder Dezernenten kommunizieren können!
Wie schön, dass die Eltern Ihren Brief zur Klassenfahrt entweder nicht gelesen oder nicht verstanden haben – so werden Sie sich endlich einmal mit dem Alltag eines Diabetikers auseinandersetzen oder lernen, was eigentlich Zöliakie ist!
Wie schön, dass selbst das Zuschweißen der Fernbedienung und neonleuchtende Warnhinweise nicht verhindern konnte, dass die leeren Batterien entfernt wurden ohne volle nachzufüllen – so werden Sie einen Ihrer Kollegen nicht nur von der intellektuellen, sondern auch von der handwerklichen Seite her ganz neu kennen lernen!
Wie schön, dass Sie den Umlauf der SV oder der Schulpflegschaft nicht gelesen haben oder nicht lesen konnten, weil Sie nicht zufällig gerade dort unterrichteten, wo der Umlauf hinkam – wie lässt sich das Selbstbewusstsein von Schülern einfacher steigern, als wenn sie Ihnen Informationen voraus haben, die Sie gar nicht haben können!
Und wenn Sie das nächste Mal in den Medienraum kommen, und der OHP ist zwar da, nicht aber das Stromkabel dazu – fragen Sie nach mir. Und wenn Ihnen ein Fachraum fehlt oder ein trockener Platz in der Sporthalle für Ihren Sportunterricht, wo es nicht durchregnet, dann gibt es im Rathaus sicher einen einsamen Menschen, der sich über Ihren Besuch freut. Und denken Sie auch einmal an die vielen einsamen Dezernenten und Minister, die Erlass für Erlass, Anordnung und Anordnung schreiben, und keiner findet sie im Dschungel des Internets! Denken Sie positiv! Setzen Sie Energien frei!
Vorbemerkung: Sie sollen diese Lektion doch nicht als erste lesen! Warum fangen Sie nicht vorn an? Halten Sie „Interessiert sein“ für eine positive Charaktereigenschaft? Früher nannte man das „Neugierde“. Rechtfertigt das die Intentionen eines Autors derartig zu unterlaufen? Also bitte: Fangen Sie vorn an. Ich habe mir bei der Reihenfolge der Kapitel schon etwas gedacht. Ehrlich.
Dritte Stunde. 9b. Der enge Raum ist für 20 Schüler ausgelegt, aber diese Klasse hat 28. Es gibt bereits beim Hineinkommen Situationen, in denen ich mich im buchstäblichen Sinne positionieren muss. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Ich bleibe in der Klassentür stehen – auf Distanz – und fordere so etwas wie „Unterrichtssituation“ ein – also Schüler, die an ihrem Platz sitzen, eine Art Sitzordnung, vielleicht sogar so etwas wie Aufmerksamkeit und – wenn ich gut drauf bin oder besonders wütend – einen müllfreien Fußboden, eine geputzte Tafel und ein Klassenbuch auf dem Pult. Damit setze ich gleich ein ganzes Bündel von Ansprüchen. Ich meine hier nicht die vordergründigen Anregungen zur Betätigung ausgewählter Schüler, sondern Ansprüche, die mitschwingen: Bei anderen Kolleginnen macht ihr das doch auch nicht, oder? Ich habe mich vorbereitet und will heute einmal mehr als nur mit Sybille Unterricht machen. Oder: Nebenan ist Lehrprobe, und wir wollen doch kein schlechtes Bild abgeben!
Die zweite Möglichkeit den Raum zu betreten ist das „eigentlich bin ich noch gar nicht da“-Verhalten. Ich schlängle mich nach vorn zum Pult, bin dabei immer wieder überrascht, dass es mir nicht gelingt mich nicht zu verhalten. Ich versuche locker zu sein mit Sprüchen wie „Der Mensch steht im Mittelpunkt und damit allen im Weg“ um durch einen Schülerinnenpropf zwischen den Tischen hindurch bis zum Pult zu kommen. Doch auch wenn ich noch so lange wichtig im Klassenbuch lese und die meisten Eleven mir auf den Tischen sitzend den Rücken zukehren – ich werde doch bemerkt. Die Chaostheorie kennt den Phasenübergang vom Stundenanfangschaos zum Unterrichtschaos: Dazwischen ist immer ein kurzer Moment ungekünstelter Aufmerksamkeit, ein Kairos der Kommunikation.
Doch wie verhalte ich mich jetzt? Während der frühe Freud noch unterschied zwischen Sexualtrieb und Selbsterhaltungstrieb (wie Essen, Trinken, Kaugummikauen und SMS schreiben), kommt der Lehrer im Gegensatz zum gemeinen Schüler (Dormipulus officinalis) heute weitgehend ohne diese beiden aus. Er kompensiert die beiden Triebe durch den einen Trieb auf einem Tisch zu sitzen um so seine Erregungsspannung zu erleichtern. Natürlich kann ich auch stehen bleiben um dominant zu wirken oder sitzen um mich klein zu machen und mich aus dem Blickfeld der Schüler heraus zu nehmen. Ein guter Lehrer kann das, er kann sogar Gruppenarbeit, er kann sich nach hinten setzen und signalisieren: Der Lernprozess gelingt auch ohne mich. (Vorsicht vor dem Missverständnis: Ich gehe mal eben zum Frisör. Wenn ich wiederkomme seid ihr fertig. Das funktioniert nicht.) Der gute Lehrer kann sogar in die Schülerrolle schlüpfen und den Unterricht zeitweise von einzelnen Schülern übernehmen lassen. Ja, das geht wirklich. Aber der gute Schüler denkt sich irgendwann: „Bin ich jetzt in der Hundeschule?“ Und der gute Lehrer wundert sich spätestens im letzten Quartal des Schuljahres darüber, wie hartnäckig gerade die guten Schüler Frontalunterricht oder regelmäßigen Auslauf einfordern wie alle Hunde. Und ist ähnlich enttäuscht wie Eltern, die ihre Kinder konsequent gewaltfrei erzogen und mit ihnen immer wieder über die Folgen von Gewalt und Gegengewalt diskutiert haben; und dann sehen sie eine vorher nie erfahrene Glückseligkeit ihres Kindes, das im Spielzeugladen ein richtiges Gewehr in die Hand nehmen darf.
Zurück zur 9b. Ich versuche ein Unterrichtsgespräch anzustoßen. Ich merke schon: Der erste Versuch war viel zu offen. Einige wenige waidwunde Augen sehen mich an, andere sehen mit glasigem Blick nach draußen. Ok, ich präzisiere, schärfe meine Formulierung, bringe die Sache auf den Punkt. Sybille zeigt auf. Nun blicke ich waidwund in die Runde: Das wissen doch noch mehr?! Da kann doch mehr als einer was zu sagen?! Natürlich hätten die Schüler einiges zu sagen, aber sie trauen sich nicht. Im Spannungsfeld motivierender und disziplinierender Pädagogik geht im Laufe eines Schülerlebens so vieles verloren, was den Nachwuchs wirklich interessiert: Haben Sie einen neuen Pullover? Auf dem Schulhof hat eben einer aus der Paraklasse Deo als Brandbeschleuniger benutzt – das geht voll ab! Sind rote Haare wirklich ein Zeichen für Inzucht? Sind Sie verheiratet? Haben Sie gestern die Simpsons gesehen? Ich hab Hunger. Lisa stinkt. Mama hat mit heute kein Frühstück gemacht und gesagt ich wäre alt genug selbst dafür zu sorgen. Lasst mich doch alle in Ruhe, ich bin müde.
Um all diese wichtigen Lebensfragen macht mein Thema einen weiten Bogen. Ich versuche wieder locker zu sein. „Wie hießen die Adligen im alten Rom? Na? Patricia!“ „Hä????!“ „Na, du weißt das bestimmt, du heißt doch so...“ „Prüm?“ Ich beiße fast in den Tisch vor Lachen. Sybille lächelt, wenigstens Sibylle lächelt. Meine Rettung. Es hätte mich sonst zerrissen. Glasige Augen, die nach draußen sehen. Adlige im alten Rom – gab es da schon Porsche, Bravo oder Enrique Iglesias? Warum ist plötzlich das Stundenende schon so nah? Bevor ich wirklich zu dem Punkt gekommen bin, der mir wichtig war? Plötzlich, jetzt auf einmal kommt Bewegung in die träge Masse. Einige packen sogar ein Aufgabenheft aus. Ja, gibt es so etwas in der 9 noch? Und alles nur deshalb, weil ich einen Test für die nächste Stunde angekündigt habe. Georg fragt mich noch beim Versuch die Klasse zu verlassen, ob es reichte die Seiten 13-17 zu lesen. Denn ich hätte versäumt in der letzten Stunde, als ich über die Demokratie in Griechenland „gesprochen“ hätte, „einen vernünftigen Tafelanschrieb zu machen“. Aha, habe ich das versäumt? Na, woher weiß er denn eigentlich, worüber ich gesprochen habe, wo er doch eigentlich die ganze Stunde mit Mehmet unter der Bank gefochten hat?
Der Mode-Pädagoge Jesper Juul sagt: Gute Erziehung produziert 35 Missverständnisse am Tag. Er muss es wissen. Zwei Missverständnisse heute: Georg hat nicht zugehört und Sybille versteht mich. Ja, sie hat gelächelt. Und das hat mir gut getan. Aber deshalb hat sie mich noch lange nicht verstanden. Beide haben mich vielleicht nicht verstanden. Aber sie haben mir wenigstens zugehört. Das ist ein Anfang.
Auch in misslingender Kommunikation gibt es Gesetzmäßigkeiten. Die gesamte Pädagogik lebt davon. Bitte wenden Sie sich an dieser Stelle nicht ab, weil Sie meinen: Mit Pädagogik habe ich eh nichts am Hut. Unsere gesamte Kommunikation lebt davon: ob Politik, Arztgespräch, Familie oder Personalführung in einem modernen Unternehmen – überall gibt es solche Gesetzmäßigkeiten. Wenn wir sie durchschauen, werden wir gelassener, antriebsloser... nein, das war es nicht, was ich eigentlich sagen wollte. Na ja, vielleicht wenden Sie sich doch ab, denn verstehen heißt ja, sich der misslingenden Kommunikation ein Stück weit zu entziehen und damit dem eigentlich Interessanten an menschlicher Kommunikation die Nahrung zu entziehen. Deshalb sind Psychologen auch meist langweilig.
Na schön, ich komme zur Sache. Eine dieser Gesetzmäßigkeiten nennen die Psychologen Internalisierung. Nehmen wir uns zum Beispiel eine handelsübliche Familie des neuen Jahrtausends vor. Vater googelt, Mutter sieht „Verbotene Liebe“, Kevin spielt an seinem neuen PC und die kleine Jacqueline ist gerade beschäftigungslos. Also hopst sie Papa auf den Schoß und zerrt an ihm herum, dass er sich von seinem Computer löst und sich mit ihr beschäftigt. Sie sagt zu ihm: „Du sollst nicht lesen!“ Papa erklärt ihr, dass er sich gerade fortbildet und jetzt lesen muss. Jacqueline hat also keinen Erfolg. Erster Schritt: Sie grapscht auf Papas Keyboard und produziert eine lustige Bilderfolge auf dem Bildschirm. Papa ist aber stärker und grenzt sie aus diesem Bereich aus. In physischen Belangen ist sie unterlegen. Zweiter Schritt: An den Drähten des Computers herum experimentieren. Oops, das Gerät funktioniert nicht mehr. Papa wird böse und macht Jacqui schwere Vorwürfe. Sie darf das „nie wieder“ tun. Ähnliches passiert ihr bei Mama. Zwar darf sie auf ihren Schoß, doch bald schon muss sie auch hier schon die Segel streichen, da sie stört und sanktioniert wird. Das ganze noch einmal bei Kevin probieren? Ihr menschliches Gehirn besinnt sich plötzlich auf eine seiner Besonderheiten und beginnt die Szene, so wie sie bei Vater und Mutter vorher abgelaufen ist, beim großen Bruder innerlich („intern“) vorwegzunehmen. Das kleine Mädchen stellt sich vor, es würde sich genauso wie bei Vater und Mutter vorher verhalten und um Aufmerksamkeit „werben“. Kevin neigt etwas zum Jähzorn, vor allem der kleinen Schwester gegenüber. Ihre Fantasie malt sich das genauso aus, wie das Ihre Fantasie gerade tut. Die Psychologie nennt das „Internalisierung“. Und was kommt dabei heraus? Jacqueline geht in das Zimmer ihres großen Bruders, tritt ihn vors Bein und rennt weg. Anschließend liegt sie in ihrem Zimmer auf dem Bett und heult. Was ist passiert? Kevin bekommt Computerverbot. Seine Beteuerungen, er habe gar nichts gemacht, fruchten nicht. Außerdem: Bei ihm trifft es sowieso immer den Richtigen, so viel, wie er schon auf dem Kerbholz hat. Ein unvoreingenommener Beobachter könnte meinen: Zickenterror! Und im nächsten Moment: Eine infame Geschichte, die sich gegen das schwache Geschlecht wendet! Mädchen sind doch gar nicht hinterhältiger als Jungen, usw. Aber darum geht es gar nicht. Tatsache ist, dass die Internalisierung die Kleine dazu bringt, dass das Geschehen für sie fühlbar, erlebbar, ja: real war. Sonst hätte sie doch nicht geweint – zumal elterliche Zuwendung viel nachhaltiger ist, wenn man mit Mamas teurem Lippenstift lustige Figuren an die neue Tapete malt oder einfach mal den Herd anstellt. Das hat sie ja schon raus.
Paul Watzlawik hat das für seine Patienten mal in eine Geschichte gefasst, die über dem ganzen Konzept misslingender Kommunikation stehen könnte: Die Geschichte mit dem Hammer. Ich könnte sie stundenlang, tagelang, jahrelang lesen, wenn ich nicht zwischendurch zur Schule müsste.
Apropos Schule.
Hier gibt es höchst unterschiedliche Formen der Internalisierung. Ein Schüler kommt mir auf dem Flur entgegen. Es ist noch früh am Tag. Er schaut mich mit großen Augen erwartungsvoll freundlich an und geht stumm an mir vorbei. In diesem Moment hat er mich subjektiv gegrüßt. Natürlich erwartet er von mir, dass ich zurückgrüße – das gebietet die Höflichkeit. Er hat nicht gegrüßt? Doch. Ich habe es nur nicht gehört. Es passierte in ihm drin, ganz ganz leise. Intern. Aber für ihn real. Das ist das Entscheidende. Und er war glücklich und zufrieden und schaut mich erwartungsvoll an, dass ich ihn jetzt auch wahrnehme und grüße. Denn sonst grüßt er mich irgendwann auch nicht mehr. Und das will ich doch als Lehrer, oder?
Anderer Schauplatz.
Eine Schülerin soll Vokabeln lernen. Sie stellt sich vor, wie es das letzte Mal war: langweilig, unstrukturiert, erfolglos. Der Lehrer denkt: Die ist faul. Die lernt sowieso nicht. Falsch. Denken Sie positiv. Zeigen Sie Verständnis! Das Mädchen stellt sich die ganze Prozedur des Vokabeln-Lernens so intensiv vor, dass sie anschließend völlig geschafft ist. Entkräftet greift sie zum Handy und baut sich damit auf, dass sie erst einmal ihre beste Freundin anruft. In diesem Sinne war das Vokabeln-Lernen ganz real. Und sie wird ihrem Englischlehrer am nächsten Tag im Brustton der Überzeugung sagen: Ich habe es versucht. Wirklich! Und selbst der besten Freundin, die sie niemals anlügt, sagt sie: Ich bin total down. Vokabeln-Lernen macht mich kaputt.
Da Schule insgesamt trotz aller Pisa-Studien immer noch ein pädagogischer Schauplatz ist, lebt sie von solcher Internalisierung. Innerlich nehmen Lehrer wie Schüler vorweg, was auf sie zukommt und schaffen es dadurch, die Unmengen von Situationen komplexer Kommunikation zeitlich zu rationalisieren, zu bündeln und so überhaupt noch ein wenig Zeit für sich, das Handy und den MP3-Player zu haben. Dieses feine Lächeln des Vaters beim Elternsprechtag: Die Auseinandersetzung zwischen dem arbeitenden Menschen und dem bloßen Lehrer braucht gar nicht ausgetragen zu werden, sie sublimiert in einigen wenigen Körperhaltungen auf beiden Seiten und bricht nur zuweilen unvermittelt hervor. Der Kollege, der in der Konferenz eingeschlafen zu sein scheint: Auch er trägt gerade leise („intern“) einen latenten Konflikt mit zwei Kolleginnen aus. Internalisierung trägt insofern auch wesentlich zum Weltfrieden bei, als grundlegende Konflikte in einer virtuellen Welt ausgetragen werden – und meistens auch ganz ohne körperliche Gewalt.
Nun: Was ist dann der Haken an der Geschichte?
Nicht alle Menschen schaffen diese Internalisierung durchgängig. Schüler tragen immer noch Konflikte aus vor den Augen des streng dreinschauenden Lehrers, Kollegen mit weniger Talent zum körperlichen Ausdruck geben ihr Missfallen mit Verhaltensweisen anderer Kollegen immer noch offen kund, Schulleiter schlagen sich selbst Breschen in ihr Selbstbild, indem sie vor dem ganzen Kollegium bekennen: Ich weiß nicht, wie ich das hinkriegen soll.
Vielleicht sollten wir wieder einen Deeskalationsbären ins Lehrerzimmer stellen, an dem sich Kolleginnen und Kollegen heimlich in Internalisierung üben können. Oder in den Toiletten Ganzkörperspiegel anbringen, damit jede und jeder lernen kann, wie ihre/seine Körpersprache wirkt. Denn wir wollen doch keine Konflikte, oder?
Wenn Sie wirklich aufsteigen wollen mit der Hilfe Ihrer Kenntnisse in Kommunikation und Information (bzw. Desinformation), dann brauchen Sie selbstverständlich zwingend auch die entsprechenden Qualifikationen im Bereich „Neue Medien“. Grundsätzlich verhält es sich zwar mit den „Neuen Medien“ genau so wie mit unserem Schwarzen Brett. Das ist auch nicht schwarz, und es ist kein Brett. Auf der anderen Seite sollten Sie sich aber über die grundsätzliche Funktion so genannter „neuer Medien“ in der Schule im Klaren sein. Gehen wir ein paar Jahrzehnte zurück um Ihnen klar zu machen, wie es damals hier begann.
In der hiesigen Agrar- und Handwerksgesellschaft beschränkte sich die Kommunikation vor allem darauf über das Wetter, die Nachbarn, das Kinderkriegen oder das Sterben zu reden, es sei denn, man gab sich mehr oder weniger brauchbare Tipps zur Landwirtschaft, Viehzucht oder zum Handwerk. Wer lernen wollte, der musste vor allem fragen. Seit es Bücher gibt, gilt der Sauerländer im allgemeinen als wortkarg, weil ihm ein wesentliches Thema seiner täglichen Kommunikation abhanden gekommen ist. Deshalb ist er auch allen so genannten Neuen Medien gegenüber mehr als skeptisch.
Im schulischen Bereich setzt sich das folgendermaßen fort: Die Landesregierung beschließt, dass in Zukunft nur noch Schüler eine Chance auf dem (Arbeits-)Markt haben, die Computer, Beamer und Powerpoint können. Bücher sind out. Und damit die Lehrer gezwungen sind sich in die Materie einzuarbeiten, gibt es jegliche Kommunikation zwischen Schule und Lehrplanmachern nur noch elektronisch. Früher vergab der Lehrer Referate und benannte Literatur oder verlieh Bücher. Heute kommt die Frage nach Literatur gar nicht erst auf: „Äh, es gibt doch Wikipedia. Wozu sollte ich da noch Bücher lesen?“ Spüren Sie die Tendenz, wie die Neuen Medien auch hier die natürliche Kommunikation zwischen den Menschen unterbricht? Wie unsere gesunde Vorsicht uns ständig zuruft: Halt ein! Kauf dir keinen Computer! Du wirst vollends zum Einsiedler, wenn du das tust!
Jetzt wissen Sie auch, warum beim OHP das Stromkabel fehlt oder die Birne defekt ist, wenn Sie ihn brauchen; weshalb im Datennetzwerk der Schule ausgerechnet in den Tagen der Zeugniskonferenzen die automatische Defragmentierung und Windows-Systembereinigung läuft, die aus den eingegebenen Noten ein lustiges Puzzlespiel macht; warum kaum ein Schulträger einen professionellen Service der schulischen Rechnerverbünde unterhalten wird; weshalb auf den Rechnern in der Schule zwar dieselben Programme wie bei Ihnen zuhause laufen, jedoch in einer Version, die so alt ist, dass sie gerade Ihre Dateien und die Dateien Ihrer Schüler nicht mehr lesen und verarbeiten kann.
Es liegt in der kommunikationsstiftenden Natur der Neuen Medien, dass es nur den einen Computerraum für 850 Schüler gibt und man jahrelang darauf wartet einmal die in den Richtlinien geforderte Unterrichtsreihe mit Rechnerunterstützung zu bestreiten; dass die Noten, die man mühsam in die Datei der eigenen Klasse eingegeben hat, auf den Zeugnissen teilweise nach Schülern, teils nach Fächern um eine Position versetzt ausgedruckt werden; usw.
Denken Sie daran, wenn Sie sich wieder einmal dabei ertappen, wie Sie sich den Neuen Medien verweigern – etwa wenn ein Handy im Unterricht klingelt oder Schüler im Unterricht den MP3-Knopf im Ohr haben. Und achten Sie darauf, wie intensiv die Eigentümer der Geräte dann kommunizieren, wenn diese plötzlich ausfallen.
Als Lehrer vergesse ich zu leicht, dass ich mich in einer geschützten, behüteten Sonderwelt befinde, mit den Kindern aufgehoben von der ganzen Sorge der Politik einer Gesellschaft, deren oberster Wert einzig und allein „Bildung“ ist. Wie ein Kind muss ich mich nicht um die großen Zusammenhänge dieser Welt bemühen, sondern darf mich mit Geldern wie z.B. dem 150€-Jahresetat für mein Fach vergnügen ohne mich um das Woher dieses Reichtums zu befassen. Nur wenn ich einmal den Kopf hebe und die Augen öffne, dann kann ich anfanghaft sehen, wie zahlreiche Menschen und Ämter sich umtriebig um mein Wohl sorgen. Und um das der Schülerinnen und Schüler natürlich. Dieses Kopfheben und Augenöffnen passiert immer dann, wenn ich an das Zauberwort „Schulentwicklung“ denke. Dann bekommt die Schule, die ich sonst nur von innen sehe, plötzlich ein Außen. Und es treten Menschen hinzu, die sich liebevoll, ausdauernd und fantasievoll mit meiner Welt befassen. Und der der Schülerinnen und Schüler natürlich.
Dabei sind es gerade diese Menschen, die sich tagtäglich um das Wohl der Schule sorgen, die oft mit ihrem Privatleben dafür bezahlen müssen. Ich gestehe, dass ich vieles noch nicht genau weiß, aber manches kann ich mir mittlerweile zusammenreimen. So muss der Bürgermeister beispielsweise seine Kinder im Elternschlafzimmer oder auf dem Flur schlafen lassen, ist er doch der Auffassung, dass 15 Jahre ein zu kleiner Zeitraum sind, in dem es sich nicht lohne für Kinder Räume zu bauen, in denen sie sich aufhalten können. Schon vor zehn Jahren hat er dies kundtun lassen, und erst jetzt begreife ich, dass es sich – auch bei Raummangel in der Schule – nicht lohnt für die nächsten fünf Jahre zu bauen. Stellen Sie sich vor, sie stünden vor den leeren Kinderzimmern ihres Hauses und dächten an das viele Geld, was sie investiert haben – und nun stehen die Räume endgültig und unwiderruflich leer! Pflastern sie ihren Garagenplatz neu – und sie werden auch in fünfzehn Jahren noch die Freude ihrer Nachbarn teilen an dem schmucken und adretten Wohngebiet, das sie aufgebaut haben. Kinderspielzeug – im Kleinkindalter oft nur für wenige Wochen in Gebrauch! Anziehsachen kaufen Sie Kindern mit 12 Jahren aus Wachstums- und Modegründen komplett neu, um vielleicht nur ein Jahr später mit den teuren Sachen die Caritas zu beglücken. Aber all dies ist nur Peanuts gegen die Kosten und Unannehmlichkeiten, die ein Kinderzimmer verursacht, sind Kinder- und Jugendzimmer zudem ein Herd der Unordnung, Kulturlosigkeit und später auch der Unkeuschheit im Hause. Erst als ich dies alles begriff, bekam ich eine Ahnung, warum unser Schulträger nicht einfach neue Klassenräume bauen kann, nur weil an unserer Schule die Schülerzahlen um 50% gestiegen sind.
Eine weitere Begegnung machte mich ebenso nachdenklich. Wir Lehrer meinen zu leicht, dass etwas gleich repariert werden sollte, wenn es kaputt geht, zum Beispiel der Fußboden in der Sporthalle, der sich vulkanmäßig nur wenige Zentimeter nach oben wölbt. Statt flexibel zu reagieren und lustige Hüpfspielchen über die niedlichen Hügel zu veranstalten, nörgeln die Sportlehrer und murmeln ständig etwas von „Unfallgefahr“ und so. Der hinzugerufene Verantwortliche des Schulträgers hingegen rückt die Maßstäbe wieder zu Recht und offenbart, dass er zu Hause auch dann erst Schäden beseitigt, wenn es wirklich ernst wird. Also nicht schon, wenn mal ein bisschen Schimmel in der Dusche ist oder es durch das Dach regnet. Morgens einmal kurz durchwischen und über den Tag an den richtigen Stellen Eimer aufstellen entlastet das enge Finanzbudget erheblich! Und nicht jeder verdient so viel, dass er sich jeden Monat neue Folienstifte und hin und wieder eine neue Farbkartusche für den heimischen Kopierer leisten kann.
Doch die Einblicke in die Unterschiede zwischen der nüchternen Sparsamkeit der Mitarbeiter des Schulträgers und der kindlichen Raffgier des Lehrers greifen noch zu kurz um die großen Zusammenhänge zu erahnen um zu begreifen wie Schulentwicklung funktionieren kann. Zuweilen jedoch erreicht mich dann ein Schreiben zu einer „Verpflichtenden Fortbildung“, unter der steht: „Eine Dienstreisegenehmigung kann nicht erteilt werden.“ Meist endet hier schon wieder mein eingeschränktes Lehrer-Sonderwelt-Verständnis. Doch ich ahne vielleicht den religiösen Charakter der Veranstaltung, ahne, dass ich in der kommenden Woche auf eigene Kosten und Risiko dahin fahren sollte, auch wenn es der einzige Nachmittag der Woche gewesen wäre, in der ich die liegen gebliebenen Klausuren noch rechtzeitig vor der Zeugniskonferenz hätte fertig stellen können. Es wird die Begegnung mit einem Gesandten der Regierung sein, ein Prophet geradezu, der bereits weiß, wie die Lehrpläne im kommenden Schuljahr aussehen werden. Er wird uns einen ersten Eindruck geben, welche Ideen dahinter stehen. Und er wird uns sagen, dass ein guter Schulbuchverlag auch in wenigen Monaten ein passendes Werk auf den Markt bringen kann, dass ein guter Lehrer das rechtzeitig zu Schulbeginn erworben und durchgearbeitet haben kann, dass ein guter Lehrer, der regelmäßig zu „Verpflichtenden Fortbildungen“ fährt, sich die grundlegenden Ideen angeeignet haben und den Fachkollegen weitergegeben haben kann und rechtzeitig vor Schuljahresbeginn in der Fachkonferenz danach einen Hauslehrplan aufgestellt haben kann, der ein nachhaltiges und – wie gewohnt – abgestimmtes Lernen der Kinder ermöglicht. Er wird mir in der Kaffeepause, wenn ich ihm und seinen Engelsflügeln einmal nahe sein darf, mitteilen, welche Leistungen ich von meinem Schulträger nun einfordern darf, die mich und meine kindliche Lehrer-Raffgier in besonderem Maße befriedigen sollten. Wenn ich ein guter Lehrer bin, dann schaffe ich es meinen Schulträger zu überzeugen, dass wir neue Räume und PCs brauchen, in denen ganze Klassen wochenweise arbeiten. Wenn ich ein guter Lehrer bin, dann schaffe ich es die Schülerinnen und Schüler mit meinen Unterrichtsinhalten hinaussehen zu lassen ins wirkliche Leben. Wenn ich ein guter Lehrer bin, dann benötige ich das Instrument „Hausaufgaben“ ab heute nicht mehr. Wenn ich ein guter und engagierter Lehrer bin, dann kann ich auch fachfremd unterrichten, wenn in Zukunft die Lehrer fehlen. Wenn ich ein guter Lehrer bin, dann schaffe ich es mit der Hilfe von Schulträger und den Götterboten der Regierung – die mir nie etwas schriftlich geben, denn Gott spricht Arabisch oder so – statt einem Drittel in Zukunft zwei Dritteln eines Jahrgangs den Hochschulabschluss zu ermöglichen. Man muss es nur wollen!
In der letzten Mathematikstunde wurde mir klar: Ich bin noch kein guter Lehrer. Wir hatten die klassische Bagger-Aufgabe zum Dreisatz: Wenn 3 Bagger 8 Tage zum Ausheben einer Baugrube benötigen, wie lange brauchen dazu 24 Bagger? Ein Schüler fragte: Passen die überhaupt alle dahin? Ich konnte es ihm nicht sagen. Ich habe nie in einem Bagger gesessen. Ich war noch nicht einmal irgendwann in einer Baugrube. Ich war 5 Jahre Programmierer, bevor ich in die Schule ging. Von Baggern habe ich bis heute keine Ahnung. Aber das große Vertrauen des Götterboten und die umtriebige Sorge meines Schulträgers lässt mich hoffen. Ich will doch ein guter Lehrer sein! Wenn ich die Ahnungslosigkeit und Scheuklappen meiner Sonderwelt überwinde, dann werde ich auch die nötige Fantasie entwickeln, wie Schulentwicklung möglich ist, obwohl wegen des neuen Nachmittagsunterrichts an unserer Schule gerade zahlreiche AGs und Projekte sterben. Dann lerne ich die Chancen darin zu sehen, dass es Schülern zumutbar sein soll drei Stunden pro Tag für den Schulweg zu brauchen. Statt irgendwo abends um halb sechs in der Innenstadt mit Schulranzen an der Bushaltestelle zu stehen, ließe sich wunderbar eine Mathematik-Förder-AG einrichten, bis einer der Väter die Kinder abholt – in einer leeren Schule mit ausreichend Räumen und Computern! Ich will doch ein guter Lehrer sein! Schulentwicklung ist möglich!
Manchmal gehe ich im Winter nach der großen Pause an unseren Außentüren vorbei um sie zu schließen, auch wenn ich dadurch möglicherweise 30-60 Sekunden Unterrichtszeit verliere. Immer wieder macht mich diese Angewohnheit nachdenklich: Ist das richtig, so viel Zeit meines kostbaren Arbeitskontingents darauf zu verwenden um schnöde Heizkosten zu sparen? Sind die offenen Türen nicht gerade auch im Winter ein Symbol für alle am Schulleben Beteiligten, dass sich Schule nicht als Selbstzweck, als in sich geschlossenes System begreifen darf? Frauen frieren ja bekanntlich eher als Männer und entwickeln eher einen Sinn dafür, welche Problematik sich an einer offenen Schultür entzündet. Sie bemerken zuerst, dass da draußen noch etwas ist, was uns als Schule herausfordern sollte. Aber auch wir Männer haben unsere Stärken in dem Öffnungsprozess von Schule: Haben wir die Herausforderung erst einmal angenommen, so wissen wir darum, dass die Kälte des Winters unsere Selbstheilungskräfte in Gang setzt. Zu viel im Warmen Sitzen verweichlicht unsere Konstitution. Also: Schicken Sie die Kinder in der großen Pause nach draußen! Öffnen Sie während des Unterrichts die Fenster oder drehen Sie die Heizung ab! Zwischenzeitliche Ausfälle ganzer Schülergruppen sollten Sie nicht stören, weil sich langfristig eine Abhärtung einstellen wird, die Ihnen Ihre Schüler lebenslang über das bei Ihnen im Unterricht Gelernte hinaus danken werden. Entdecken Sie mit Ihren Schülern den alten Satz neu: „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir!“ Und das Leben, also die Zukunft unserer Kinder, das ist erst einmal der Winter. Verhätschelte Sommer-Kinder werden im Winter Probleme bekommen, aber abgehärtete Winter-Kinder werden geradezu aufblühen, sobald sie das Wort „Sommer“ nur hören!
Doch kann ein echter Pädagoge es bei einer solch oberflächlichen Sicht der Dinge belassen? Bei solch zwar lebensdienlichen, aber doch vordergründigen Maßnahmen? Ich meine: Nein! Schauen wir noch einmal auf die tiefere Symbolik der offenen Schultür. Selbst wenn es draußen kalt ist, so wird die Welt doch erst durch uns wirklich warm. Vielleicht ist jetzt die Umweltverschmutzung nicht das optimale Beispiel. Aber sie hat doch zumindest bewirkt, dass die Winter wärmer werden und der Frost nicht mehr gar so beißt. Und so können auch im schulischen Bereich suboptimale Bedingungen dazu führen, dass sich eine neue Qualität von Unterricht entwickelt. Nehmen sie zum Beispiel die fehlende Turnhallenkapazität im Winter. Irgendwann gehen auch dem routiniertesten Lehrer die Ideen aus, wie er im Klassenraum oder auf dem Flur seine Sportstunden halten kann. Er muss einfach nach draußen, in die befreiend klare Winterluft. Plötzlich entdecken die Schüler ihre eigene Vitalität und Lebensfreude neu, zuerst an der Schönheit ihres eigenen winterlichen Atemhauchs, ein paar Minuten später im verloren geglaubten Bewegungsdrang, der zuerst in den einfrierenden Füßen, später auch in anderen Körperteilen einsetzt. In diesen Wintersportstunden braucht kein einziger Ihrer Schüler eine Motivation von außen sich zu bewegen. Sie kommt automatisch von innen. Und – so wissen wir spätestens durch die jüngsten Reformen im Bildungswesen, wo auch immer wir in Deutschland angesiedelt sind – es kommt im Sportunterricht zuerst einmal darauf an die Bewegungsfreude der Schüler neu zu wecken. Alles andere ist sekundär. Keiner Ihrer Schüler wird diese Ihre Sportstunden jemals in seinem Leben vergessen.
Ein weiteres kommt hinzu, und das mitnichten zufällig: Überlegen Sie einmal, welches Bild Sie in der Öffentlichkeit abgeben, wenn Sie Ihre Schüler – auch im Winter – nach draußen führen, hinaus aus der Schule. Die Nasen, die sich an den mit Eisblumen verzierten Küchenfenstern plattdrücken, um Ihnen und Ihrer Lerngruppe beim Unterricht draußen zuzusehen, wissen ja nicht unbedingt, dass Sie deswegen das Haus verlassen, weil Sie gerade eine Vertretungsstunde in einer Klasse haben, die eigentlich im Fachraum Unterricht hätte, während ihr Klassenraum belegt ist, aber kein anderer frei zugänglicher Klassenraum zur Verfügung steht. Sie sehen lediglich Ihren Einsatz, Ihr Engagement und Ihre flexiblen Lernmethoden. Öffnung von Schule bedeutet die Akzeptanz Ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Ist es nicht dies, was Sie sich insgeheim schon immer gewünscht haben, es sich aber nicht einzugestehen wagten: Dass Ihre Arbeit auch draußen, in der Öffentlichkeit, gesehen, anerkannt und wertgeschätzt wird? Wie können Sie das besser erreichen als mit einer improvisierten Winter-Draußen-Stunde statt einer medienüberfrachteten Stunde in einem überheizten, teuer ausgestatteten Fachraum mit Schulbüchern und so und Schülern, die sowieso nicht still sitzen, wenn sie etwas aufschreiben sollen?
Und schließlich: Führen Sie die Kinder und Jugendlichen wieder zurück in die – winterliche – Welt, die sie auch dereinst erwartet, so machen Sie sich selbst überflüssig. Ihre Schüler werden Sie nicht mehr vermissen, wenn sie in ihre Arbeit am Gemeinwohl eintreten, wenn sowohl der Antrieb als auch die Inhalte und Mittel zum Lernen ihnen zunehmend selbst überlassen sind und ihre (Lehrer-)Rolle dabei allmählich in den Hintergrund tritt. So kann schließlich zu guter Letzt auch die Schulpolitik in die Phase eintreten, die sie in ihrer sozioökonomischen Effizienz anstrebt: Sie kann auf Lehrer weitgehend verzichten, dadurch enorm Kosten sparen und auf lebenserfahrene Eltern zurückgreifen. Noch begreifen viele junge, unerfahrene Lehrer (und Schüler natürlich) einen Silvio Berlusconi, der 140000 Lehrer und Schulverwaltungsbedienstete entlassen will, zu Unrecht als Barbaren, haben sie doch nicht begriffen, dass die wahre Schule darauf zielen muss sich selbst überflüssig zu machen. Ihnen ist wahrscheinlich nicht einmal aufgefallen, dass nicht irgendwelche selbsternannte Geistesgrößen, sondern schlicht und ergreifend die Wirtschaft in Form der OECD heute die Leitnormen für die Entwicklung von Bildung und Erziehung in den sogenannten PISA-Studien setzt? Inhalieren sie den Leitsatz moderner Schulpolitik „Entscheidend ist nicht der Euro, den man vorne rein steckt, sondern die Qualität, die hinten raus kommt!“ und verzichten sie – wenigstens dieses eine Mal – auf jegliche unanständigen Assoziationen, die Ihnen bei den Formulierungen „vorne rein“ und „hinten raus“ kommen. Nur so kann Schule auch ihrer wirtschaftlichen Verantwortung gegenüber Kommune, Land und Bund gerecht werden und Sie vielleicht / hoffentlich bald in Pension schicken.
Und was hat das mit Kommunikation zu tun? Ich meine, das liegt auf der Hand. Schreiben Sie keine Leserbriefe mehr in Zeitungen, gehen Sie nicht mehr in Sitzungen des Stadtrates, versuchen Sie nicht weiter in die Räder der Bildungspolitik einzugreifen, indem sie vorlaut Politiker nach Details ihrer Planungen fragen, oder noch schlimmer: Nach den Früchten ihrer bisherigen Arbeit. Kommunizieren Sie Schule nach außen indem Sie die Türen aufreißen und frischen Wind in die Schule lassen. Atmen Sie tief durch und nehmen Sie ihre Schüler gleich mit nach draußen! Sie wissen immer noch nicht, wie Sie das anstellen sollen? Dann lesen Sie
Sie werden sich vielleicht fragen: Was kommt jetzt – Glossar oder Lektion? Ein Glossar ist doch keine Lektion, sondern eine Begriffserklärung, die am Ende eines Buches steht. Sie haben natürlich Recht. Mir ging es genau so, als mir dieser Sachverhalt aufging: Erst wurde mir meine Unklarheit klar – oder wurde mir meine Klarheit unklar? –, dann ...
Auf jeden Fall sollten Sie alle vorherigen Lektionen gut gelernt haben um hier zu bestehen. Vor allem die Lektion über misslingende Kommunikation.
Machen Sie sich irgendeine schulisch alltägliche Situation klar. Nehmen wir mal an, Sie beaufsichtigen eine Klassenarbeit. Zum ersten Mal. Ein Schüler, der bisher in sein Heft geschrieben hatte, wendet sich leise zur Seite und betrachtet intensiv das Heft seines Nachbarn. Was denken Sie? Als unerfahrener Pädagoge oder auch als Altlehrerin, die es versäumt hat sich regelmäßig fortzubilden, schießt es Ihnen durch den Kopf: „Der schreibt ab!“ Falsch! Na ja, nicht so ganz. Aber es ist doch eine ziemlich unreflektierte Sichtweise. Moderne Pädagogik bringt ein solches Verhalten neu auf den Begriff ‚Imitatives Lernen’. Spüren Sie, wie sich Ihr Blickwinkel verändert, wie Ihr Idealismus, der Ihnen über den Korrekturen des vergangenen Wochenendes verblasste, zu Ihnen zurückkehrt? Spüren Sie Ihre eigene Stallblindheit? Wie Ihnen der Alltag die eigentliche Dimension der Pädagogik nimmt? Sie haben wahrscheinlich gedacht: Ich stehe in der Praxis, ich weiß, wie es läuft... Aber Ihnen fehlten die Begriffe – Begriffe, die es Ihnen ermöglichen Abstand zu gewinnen von Ihrem alltäglichen Trott.
Nehmen wir ein anderes Beispiel: Eine Kollegin zickt rum, weil Sie zum dritten Mal eine Nachricht der Sekretärin – vermutlich die Bestätigung einer Busfirma für die anstehende Klassenfahrt – von ihrem Platz genommen, gelesen und versehentlich auf einen anderen Platz gelegt haben. Sie ärgern sich, weil die Kollegin nicht sieht, wie stressig für Sie selbst die Pausen sind? Tun Sie es nicht, sondern benutzen Sie das unten stehende Glossar: Streiten Sie nicht mit der Kollegin, sondern bestärken Sie sie, auch weiterhin ‚intensiv zu kommunizieren’. Machen Sie ihr Mut ihre Meinung auch weiterhin direkt zu sagen. Sie leben in einem Kollegium, in dem man sich noch die Meinung sagen kann, wo so etwas nicht hintenrum läuft. Definieren Sie die Dinge neu, und zwar so, dass die neuen Definitionen einen maximalen gefühlten Abstand zu ihren bisherigen Sichtweisen haben. Wenn Sie das konsequent durchhalten, schaffen Sie es in 10 Jahren bis zum Ministerialdirigenten (Sollten Sie es bis dahin schaffen, denken Sie bitte auch an mich und verlegen Sie nicht meine Visitenkarte – bitte!).
Das folgende Glossar kann nur ein Anstoß sein. Seien Sie kreativ! Denken Sie positiv! Lesen Sie Verlautbarungen des Ministeriums oder des Schulträgers! Dort können Sie am meisten lernen. Das sind Experten, glauben Sie mir!
Wissen ist Macht – so glauben wir zu wissen. Doch der volkstümliche Konter „Nichts wissen macht auch nichts“ ist tiefsinniger, als wir zu wissen glauben. Oder so. Unsere Bildungspolitiker wissen um die Vergänglichkeit des heutigen Wissens.
Sie glauben zu wissen, wie Sie Ihren Videorecorder bedienen können? Prima. Doch Ihr Lieblingsvideo hat Bandsalat, und sofort ist Schluss mit lustig. Sie beschließen, einen DVD-Recorder zu kaufen? Zu spät. Blu-ray erobert den Markt. Schauplatzwechsel: Schule. Sie wissen, dass Schüler keine Armbanduhren mehr tragen, sondern die Uhrzeit nur noch vom Handy ablesen. Deshalb müssen sie die Handys auch in Klassenarbeiten im Einsatz haben. Und Sie ahnen bereits, dass diese Dinger irgendwie zum Schummeln verwendet werden. Nur Andreas aus der ersten Reihe, der hat noch eine Armbanduhr. Was Sie nicht wissen: Diese „Armbanduhr“ ist ein Windows-8-Handy. Das leise Vorsichhinreden von Andreas gilt dem Handy, dieses überträgt die Sprache nach draußen zu seinem großen Bruder, der ihm die Lösungen zurücksimst. Ein sanftes Streicheln über die Armbanduhr – und Andreas hat sogar die Lösung für die schwere Aufgabe 6. Sie als Telefon-Dino, der noch Telefone mit Wählscheibe bedienen kann, können da nicht mithalten. Unser Wissen verliert alle zwei Jahre 50% an Wert. Also kommt es nicht mehr auf Wissen an, sagen unsere Bildungspolitiker. Man muss wissen, wie man an Wissen kommt. Lernen lernen heißt das, oder noch neudeutscher: Wir erwerben Kompetenzen und lernen keine Inhalte mehr. Ob Goethe, Shakespeare, de Sade oder Lu Hsün, das ist nebensächlich, Hauptsache wir können analysieren, strukturieren und interpretieren. Die Schüler sollen nicht mehr Lineare Algebra, Analysis oder Stochastik lernen, sondern an Brücken Parabeln sehen, auf der Internetseite des Statistischen Bundesamtes Leontief-Matrizen wiedererkennen, und an Fliesenmustern in Hoteltoiletten mathematisieren können. Die menschliche Gesellschaft ist so komplex geworden, das Wissen so vielfältig und unüberschaubar, dass es einen humanistischen Bildungskanon nicht mehr geben kann. Schüler einer Generation sollen nicht mehr das Gleiche können, sondern Vergleichbares. Das hört sich ähnlich an, ist aber grundverschieden. Versuchen wir ein Beispiel.
Ein Schüler soll prüfen, ob ein Dreieck, dessen 3D-Koordinaten gegeben sind, rechtwinklig ist. Früher hätte er die Seitenlängen berechnet und dann mit dem Pythagoras gleichzusetzen versucht. Er hätte die geforderte Leistung erbracht. Heute geht es letzten Endes nicht darum, eine solch singuläre, zeitbedingte Aufgabe lösen zu können, sondern nachzuweisen, dass er sich in solchen Situationen zurechtfinden kann. Also schreibt er: „Man müsste die Seitenlängen ermitteln. Das mache ich immer mit www.mathepower.com. Kann ich leider hier nicht, weil ich keinen PC nutzen darf. Dann wendet man den Pythagoras an. In meiner Formelsammlung steht a²+b²=c². Und damit kriegt man das Ergebnis raus, ich weiß aber nicht genau, wie.“ Weil er nicht genau weiß, wie das geht, ziehe ich ihm einen Punkt ab. 5 von 6 Punkten, weil er sich zurechtzufinden weiß. Die Kompetenz hat er ja. Er kann es nur nicht ganz zu Ende führen.
Ein anderes, wirklich zutiefst paradigmatisches Lehrstück in Sachen „Kompetenzen“ betrifft den Wandel in unserer Sprache, insbesondere die altbackenen Fertigkeiten wie Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik und in der Fremdsprache auch die Aussprache. Das Rad der Geschichte dreht niemand zurück, das Rad der Sprache ebensowenig. Unsere Gesellschaft ist sprachlich nun einmal vielfältiger geworden. Eine lebensnotwendige Kompetenz ist es, sich in beliebigen Sprachformen, die sich auf den Markt werfen, zu Recht zu finden, ich meine: zurechtzufinden. Wenn es so vielfältige Sprachformen gibt, die fast ohne Zeichensetzung auskommen – ist es da nicht vorausschauender und zukunftsorientierter, wenn Schule nicht so massiv und unbarmherzig eine einheitliche Zeichensetzung einfordert, sondern stattdessen eigene Systeme kreativer Zeichensetzung erkennen und als sprachliche Leistung verstehen und würdigen lernt?! Wir machen uns lustig über junge Deutschlehrer, die keinen orthografisch korrekten Tafelanschrieb mehr hinbekommen, erkennen aber nicht, wie sie – im Gegensatz zu den Alten – tatsächlich 30% ihrer täglichen Zeit dafür aufwenden, die neuen Sprachformen von Handytelefonaten, SMS, Chat und E-Mail zu trainieren.
Große Teile der Gesellschaft sperren sich noch dagegen, sind uneinsichtig und bockig. Zum Beispiel Eltern. Wie bringt man Eltern bei, dass es nicht darauf ankommt, dass ihr Kind genau dieses eine Deutsch oder dieses eine Englisch lernt? In einer brandneuen Elternumfrage (2013) heißt es: Was halten Sie von dem Lernziel „Wir wollen in allen Bereichen von Schule bewusst mit Sprache umgehen.“ Finden Sie das eher Sehr wichtig, Wichtig, So mittelwichtig, Weniger wichtig oder Unwichtig? Oder haben Sie gar keine Meinung? So werden Eltern vorsichtig begleitet beim Umbau einer zeitgemäßen Schullandschaft.
Es wird noch eine Zeit dauern, sagen die Politiker. Das Gute ist, dass sich alle Politiker irgendwie einig sind und ihre Zeit nur damit verbringen müssen, die gleichen Ziele möglichst verschieden zu formulieren und in verschiedene und immer neue Schulsysteme zu gießen. Es werden Jahre vergehen. Doch in unseren Kindern schlummert noch ungeahntes Potenzial, und die moderne Schule wird uns in der PISA-Studie nach vorn bringen. Und was ich auch erst vor kurzem erfahren habe: Auch in den Lehrern schlummert noch so viel, ein ungeahntes Potenzial an Kompetenzen schlummert da. Sie scharren schon mit den Hufen, die Lehrer, man muss sie nur lassen, dann reformieren sie die Schullandschaft, und die Politik muss sie nur begleiten. Alles wird gut. Glauben Sie mir.
Es ist wie bei den Oberstufenlehrplänen für das Fach Katholische Religionslehre: Der Unterricht geht stets von den Fragen der Schüler aus und am Ende der Stunde hat man das Stundenziel gemäß Curriculum erreicht. So ist es auch mit der Schullandschaft insgesamt: Lassen Sie Eltern, Lehrer und Schüler in einer selbstständigen Schule nur machen, und am Ende haben Sie eine Ganztagsschule ohne Hausaufgaben mit 60-Minuten-Stundentakt, die Deutschland an die Spitze des PISA-Rankings führt. Die Kompetenzen dafür haben wir alle, zwar nicht das Wissen, ob das funktioniert, aber die Gewissheit, dass etwas irgendwie funktionieren wird.
Zu jeder Frage sind ein oder mehrere Antworten richtig. Versuchen Sie diese herauszufinden und anzukreuzen. Nehmen Sie, wann immer Sie möchten, dazu ein Blatt Papier zur Hand.
Vom 01.04.2008 an wird die bisherige Besoldungsgrundlage für Lehrer aufgekündigt. Zukünftig werden Lehrer ähnlich wie Ärzte nach der GOL (Gebührenordnung Lehrer) ihre Leistungen privat abrechnen. Damit alle Kolleginnen und Kollegen sich rechtzeitig umstellen können, werden hier einige bereits feststehende Positionen aufgeführt. Vorschläge für weitere Positionen sind an die neu eingerichtete Pädagogische Verrechnungsstelle in 50941 Zockenhausen, Zum Paradies 15-23 einzureichen.
Entschuldigungen können nach wie vor handschriftlich, formlos und gebührenfrei eingereicht werden. In Schülerkreisen etablierte sich ein Gegenentwurf zu dem von Herrn A. Der Schülerentwurf steht hier in der Erprobungsphase kostenfrei zum Download bereit:
Wie weiter oben schon mehrfach angedeutet, schöpft die moderne Pädagogik ihre besten Anregungen aus aktuellen Anleitungen zur Hundeschule. In der Lehrerausbildung lassen sich im Falle einer Erkrankung oder Nichtbeförderung eines Leiters ohne Probleme 2-3 Nachmittagssitzungen mit der folgenden Übersicht als stummem Impuls bestreiten. (Achtung: Die Übersicht ist als DIN-A3-Bogen konzipiert und kann bei Verkleinerungen unleserlich wirken!) Man mag es kaum glauben: Bis auf ganz wenige Wortänderungen stammt diese Hilfe wortwörtlich aus einem Buch zur modernen Hundeerziehung.
Am Niederrhein soll es bereits eine ambitionierte Schulleiterin geben, die die Lernerfolge ihrer Schülerinnen und Schüler gnadenlos optimiert hat. Sie hat die Erfahrungen ihrer dreijährigen Unterrichtszeit in den zwei Jahren in ihrem Direktorinnenzimmer intensiv verarbeitet und schließlich einen Fünfjahresplan zur Steigerung der Lernleistung vorgelegt.
Im ersten Schritt verpflichtete sie das Kollegium, in den Fachkonferenzen Kernkompetenzen für jedes Schuljahr und darin jeden Schulmonat festzulegen. Alles musste super einheitlich und vergleichbar sein. In der Schulchronik und auf der Schulhomepage wurde zudem namentlich festgehalten, welche Lehrerin und welcher Lehrer sich für welchen Bereich engagiert hatte. So hatten auch die Eltern immer einen Ansprechpartner, wenn mal etwas nicht lief. Die pädagogische Freiheit des einzelnen Lehrers wurde dabei nicht angetastet, da dieser den einzelnen Monat nach den gegebenen Möglichkeiten gestalten konnte. Nur am Ende des Monats musste jedes Kind die vereinbarten Kompetenzen erworben haben. Zum Vergleich: In San Francisco etwa schreiben die Schüler jeden Freitag einen Kurztest in jedem Fach und benoten ihren Lernfortschritt selbst. Aber das nur nebenbei.
In einem zweiten Schritt musste jede Kollegin und jeder Kollege dann jedes Kind prüfen, die Leistungen dokumentieren und einen kurzen Text über den Lernfortschritt schreiben. Die Klassenlehrer fassten diese Lerntagebücher zu Leistungsbögen der Klasse zusammen, und die Koordinatoren machten für die Schulleiterin daraus eine Übersicht über den monatlichen Lernfortschritt in der Schule. Die Schulleiterin fasste die Berichte in Zahlenform in ein Jahresdiagramm und hatte damit ein hoch sensibles Instrument zur Leistungsmessung und -förderung.
Doch Leistungsmessung ist nicht alles. Der dritte Schritt dieser begnadeten Schulleiterin beruhte auf ihrer dreijährigen Erfahrung mit Jugendlichen. Böse Zungen behaupteten zwar immer wieder, dass Jugendliche eigentlich gar nicht wirklich lernen, sondern sich lediglich in Geselligkeit treffen und in der Schule abhängen wollten. Doch nach einer Fortbildung bei der Bertelsmann Stiftung zum Thema „Soft Edutainment“ zeigte sie ihrem Kollegium das Gegenteil. Sie gewann ein im Kreis ansässiges Börsen-notiertes Unternehmen, nach dem Hamburger Vorbild jede Schülerin und jeden Schüler mit einem Laptop auszustatten, mit dem Unterschied, dass die Rechner hier nicht von der Öffentlichen Hand finanziert werden mussten. Der Schülerschaft wurde freigestellt, ob sie zum Unterricht in die Schule kommen wollten oder von ihrem Zuhause aus sich auf elektronischem Wege einklinkten. Wer sich nicht am elektronischen Unterricht beteiligte und auch nicht zur Schule kam – nebenbei wurde der Schülertransport, ein wesentlicher Kostenfaktor im Bildungswesen, drastisch reduziert –, hatte Tafelbild, Unterrichtsverlauf, Materialien und Hausaufgabe stets aktuell auf seinem Laptop. Die Kollegen bekamen übrigens Hard- und Software sowie die erforderlichen Lizenzen stets zu Vorzugspreisen und durften diese auch privat nutzen. Teilzeitkräfte, deren Verdienst für diese Anschaffungen trotzdem nicht ausreichte, wurden vom Förderverein der Schule großzügig unterstützt. Und die Maßnahmen griffen schnell: Nach nur zwei Monaten Lernen von Zuhause aus waren die Lehrer fast gänzlich von pädagogischen Aufgaben frei und konnten sich mit ganzer Kraft ihrer eigentlichen Aufgabe, den wöchentlichen Evaluationen, widmen. Gruppendynamische Fehlentwicklungen gab es fast gar nicht mehr. Und auch das Problem Mobbing wurde dadurch gelöst, dass die Regierung ein Gesetz erließ, dass Mobbing verboten ist. So war nicht mehr die Lehrerschaft, sondern die Polizei zuständig. Außerdem geschah Mobbing im Internet ja stets außerhalb des Unterrichts – schon rein räumlich nicht in der Schule. Es gab keine quengelnden Schüler oder Eltern mehr, die sich über die Notengebung beschwerten, da sich niemand mehr benachteiligt fühlen konnte, sondern nur die eigenen Punkte sah, die in den Bewertungsbögen der standardisierten Tests höchst objektiv vorlagen. Mit diesem Schritt hatte die clevere Schulleiterin zahlreiche Unebenheiten der vergangenen pädagogischen Epoche begradigt und dem Vergessen anheim gegeben. Unterricht war nun eo ipso individuelle Förderung. Disziplinarkonferenzen, Schweinegrippe, Unterrichtsausfall waren kein Thema mehr.
Doch damit nicht genug. In einem weiteren Schritt – um soziale Kontakte zu fördern, die nach der sprunghaft gestiegenen Selbstmordrate angebracht zu sein scheinen – sollen sich die Schülerinnen und Schüler nun gegenseitig besuchen und den Leistungsstand des Besuchten messen. Am Ende jeder Woche melden die nach dem Zufallsprinzip zugewiesenen Schülerinnen und Schüler ihre Eindrücke (Ordnung am Arbeitsplatz, Hygiene, Heftführung, Vollständigkeit der Aufgaben der Woche, Suizidgefährdung etc.) an den Lehrer / die Lehrerin zurück. So kann jede Schülerin und jeder Schüler individuell zuhause lernen und doch ins soziale Netz eingebunden sein. Der Lehrer muss die Eindrücke nur in die schulischen Formblätter übertragen, Datum und Uhrzeit einsetzen, unterschreiben und an den zuständigen Koordinator weiterleiten.
An dieser Schule am Niederrhein haben sich inzwischen 55 Kolleginnen und Kollegen beworben. Sie möchten dorthin versetzt werden, um endlich modern unterrichten zu können. Der Ehemann der Schulleiterin, übrigens der stellvertretende Schulleiter, bereist nun Woche für Woche die Wohnungen der Bewerber, um festzustellen, ob ihr häusliches Umfeld für die Tätigkeit einer solch modernen Lehrkraft geeignet ist.
Das Schulgebäude selbst wird inzwischen an Musikschule und Volkshochschule teilvermietet. Die Aufwendungen des Schulträgers für den unproduktiven Kostgänger „Bildung“ konnten durch diesen genialen Fünfjahresplan auf ein erträgliches Maß gesenkt werden.
Bei der Cornelsen Sommer-Uni 2013 gab der Alt-Didaktiker Hilbert Meyer einen Einblick, wie Bildung und Medizin in Zukunft die Rollen tauschen (könnten?!).
Der Mediziner kommt morgens in sein Sprechzimmer und begrüßt 30 Patienten, von denen ihm 20 schon entgegenkrähen: „Die Medizin nehme ich sowieso nicht!“ Er ist mittlerweile verbeamtet und gesetzlich verpflichtet, jedem Einzelnen zu helfen (der hippokratische Eid war nicht operationalisierbar, wurde deshalb abgeschafft) und hat dazu für jeden Patienten 90 Sekunden Zeit. Die Landesregierung bringt jeden Monat neue Vorgaben heraus, was ein guter Arzt ist. Im Moment ist zum Beispiel Homöopathie total in. Wer keine Homöopathie kann, wird auf der Internet-Plattform „Medi-Net“ von den Patienten identifiziert und öffentlich gebrandmarkt. Für jeden Patienten, der nicht den gewünschten Behandlungserfolg zeigt, muss jeder Mediziner eine Akte nach Düsseldorf schicken, in der lückenlos dokumentiert ist, dass er wirklich alles getan hat, damit der Patient seine Therapie auch erfolgreich umsetzt. Die Kommunen sind – auch zur Gewährleistung der ärztlichen Versorgung – verpflichtet, Arztpraxen zu unterhalten und nach den Möglichkeiten des kommunalen Budgets auszustatten und instandzuhalten (Dazu kommt die Verpflichtung eines kostenlosen Transports zum und vom Arzt, dies jedoch nur für Angehörige dieser Kommune). So kommt es teilweise in einigen Kommunen dazu, dass zwar alle Fachrichtungen in einer Kommune vertreten sind, aber der Gynäkologe beispielsweise seit fünf Jahren auf ein Ultraschallgerät wartet – weil gerade die Transportkosten der Patienten wieder in die Höhe geschnellt sind. Ärzte müssen im Interesse der Leistungsbereitschaft ihrer Kommune darauf achten, dass sie medienwirksam, modern und nachhaltig praktizieren. Natürlich laufen an den Stammtischen die Witze über die „Pferdedoktoren“ und „Kurpfuscher“, aber so etwas gibt es ja in allen Berufsgruppen und ist sicher nicht böse gemeint. Gerade Zahnärzte werden gern darauf angesprochen, welchen Spaß sie dabei haben, anderen Menschen Schmerzen zuzufügen – was natürlich nie persönlich zu verstehen ist.
(Liebe Mediziner einiger Fachrichtungen: Wenn Sie glauben, ich schildere hier Ihre Realität 2013 – ich wollte eigentlich eine Satire zum Thema „Bildung“ schreiben...)
Der Pädagoge hingegen ist schon längst kein Beamter mehr. Im Sinne des Prinzips „Leistung soll sich wieder lohnen“ kann man sich auch ohne Meisterbrief in diesem neu geschaffenen Handwerk selbständig machen. Einziges Kriterium ist der Erfolg. Der Unterrichtsraum wird vom Pädagogen eigenverantwortlich gebaut oder gemietet, eingerichtet und unterhalten. Jeder Bildungs-Kunde kann lernen, was er mag. Dazu sucht er den Pädagogen zu einem kurzen Gespräch auf. Auf Wunsch wird er getestet und bekommt dann die passenden Materialien, die in professionellen Bildungskonzernen gefertigt werden. Die Bildungsleistung wird individuell abgerechnet und kann von der Steuer abgesetzt werden. Der freie und gleiche Zugang zur Bildung ist durch eine eigene Bildungsversicherung garantiert – Zusatzversicherungen können natürlich auf Wunsch abgeschlossen werden, etwa eine Internat-Taschengeld-Versicherung oder eine Versicherung zur Chef-Pädagogen-Behandlung. Die Internat-Taschengeld-Versicherung ist übrigens zur Zeit der Renner. Die Internate boomen. Lern-Unwillen kennt die Pädagogik nicht mehr, ebenso wenig, dass Schüler unter Druck gesetzt werden. Das, was Generationen erträumt haben, ist nun umgesetzt: Lernen geschieht völlig freiwillig, es ist wieder ein bürgerliches Recht und keine miese Pflicht mehr, die die Staatsgewalt mit aller Macht und den dazu gehörenden Beamten durchprügelt. Zensuren sind überflüssig geworden, denn über den Erfolg der Laufbahn entscheidet einzig und allein der Bildungskunde bzw. die spätere Arbeitslosigkeit. Der Pädagoge 2.0 hat ein gutes Ansehen in der Bevölkerung, ist er doch selbständiger Unternehmer mit allen Risiken und zahlt Steuern wie jeder ordentliche Bürger (ausgenommen der Ärzte und sonstiger Beamter). Die GOL liegt in allen Lernpraxen aus und ist Grundlage der Vergütung. Manch heftige Steigerungsrate einiger Mode-Pädagogen zahlen nicht wenige Kunden gern, da sie ein gutes Gefühl geben, dass aus der Tochter oder dem Sohn des Hauses später einmal etwas wird.
So wird ganz ohne staatlichen Druck jedem einzelnen Bürger freigestellt, jederzeit zu lernen. Auf individuelle Neigungen, Stärken und Schwächen muss nun nicht ein – womöglich unmodern ausgebildeter – Lehrer reagieren, jede Schülerin und jeder Schüler kann individuell sein eigenes Lerntempo bestimmen. Zudem kann sich jeder seine Pädagogin bzw. seinen Pädagogen selbst aussuchen. Manch junger Mode-Pädagoge kann deshalb nur 5 Minuten pro Schüler und Tag einsetzen, während unter der Hand Links zu weniger bekannten Pädagogen weitergegeben werden, die sich 30 Minuten und mehr Zeit für den einzelnen Schüler nehmen.
Und nun sind wir da, wo wir immer hin wollten: Am Anfang. Der Markt regelt sich selbst.
Der falscheste Ratschlag, den ich je für das Leben in der Schule erhalten habe, war der Spruch: „Die ersten fünf Jahre müssen Sie sich gut auf den Unterricht vorbereiten. Diese Jahre sind sehr anstrengend. Aber dann brauchen Sie eigentlich immer nur eine Seite weiter zu sein als Ihre Schüler.“ Nicht, dass dieser Spruch meinen Idealismus, meine Motivation mich zu engagieren untergraben hätte. Ich fand ihn damals schon öde. Aber allmählich erkenne ich, wie falsch dieser Spruch in Wahrheit ist.
Betrachten wir ein Beispiel abseits des Schullebens, wie sich Kommunikation verändert hat. Nehmen wir mal das Eheleben: „Schatz, ich komme übermorgen erst um 16 Uhr nach Hause – wir haben noch Konferenz.“ Ein einfacher Satz, so dahingesagt am Mittagstisch, genügte früher. Heute funktioniert das irgendwie nicht mehr. Denn der Schatz hat es sich zwar im Kalender in der Küche eingetragen, nicht aber in seinem Handy, ebenso wenig in der To-Do-List am PC. Heute liegen nicht mehr einfache Zettel auf dem Küchentisch: „Bin einkaufen. Kannst du schon mal spülen?“. Im schöpferischen Chaos der Termine und Kommunikationskanäle ginge ein einfacher Zettel schlicht unter. Statt dessen steht ein ungespülter Topf direkt hinter der Eingangstür und versperrt den Weg zum rettenden Sofa. Steigt man darüber hinweg und öffnet in Abwesenheit des Ehepartners trotzdem die Tür zum Wohnzimmer, dann löst ein Margarinetopf seinen heimlichen Spagat zwischen Tür-Oberkante und Türzarge und lässt einige bunte Zettel auf den Teppich rieseln, auf denen steht: „Mein liebster Spülbär – schau mal in der Küche!“ In der Küche findet sich ein bunter Gutschein für eine abendliche Nackenmassage, der mich zum Abwasch motiviert.
Unter dem Stichwort „Fördern und Fordern“ bekomme ich täglich Impulse mich einzubringen, liebevoll verpackt, mal auf lustigen bunten Zetteln, dann wieder in der Aussicht auf Süßigkeiten oder ein salziges Abendessen. Ansonsten esse ich natürlich gesund, verzichte auf meinen geliebten Fleischsalat und andere ungesunde Sachen, treibe nach dem Plan meiner Krankenkasse täglich Sport, rufe im Gegensatz zu früher regelmäßig meine Mutter an (Kleine Streifen im Kalender zum Abreißen erinnern mich daran) und gehe einmal täglich an meinen Rechner, um Software, Virenschutz und Treiber auf dem aktuellen Stand zu halten und die überflüssigen Emails zu löschen. Einmal in der Woche überprüfe ich, ob meine Telefon-, Energie- und Pay-TV-Anbieter noch die Günstigsten sind. Prüfe selbst aber auch meinen Wasser- und Stromverbrauch. Ich habe ja nichts zu verschenken. Und immer werde ich belohnt durch hübsche, bunte Prospekte, erinnernde Anrufe und manchmal sogar Hausbesuche. Abends diskutiere ich, wenn ich noch Zeit habe, mit Freunden oder meiner besseren Hälfte, ob ich auch wirklich up to date bin. Das Einzige, was ich nicht diskutiere, sind meine Strichmännchen beim Telefonieren. Noch nicht.
Auf Schule übertragen bedeutet das: Seien Sie up to date. Informieren Sie sich bei Referendarinnen, welche Unterrichtsmethode (und sei es nur der Name) gerade neu ist. Evaluieren Sie Ihren Unterricht wöchentlich. Beantragen Sie halbjährliche Qualitätsanalysen. Überprüfen Sie jährlich die Lehrpläne. Lehrer ab 50 sollten Supervisionsgruppen bilden, um ihre Bereitschaftsinsuffizienzbereitschaft zu senken. Lassen Sie sich von Kompetenzteams nachmittags am Ort der Bezirksregierung unterstützen, sobald die Durchschnittsnote in einem Ihrer Kurse unter 2,5 fällt. Dann bleiben Ihnen lästige Selbstzweifel erspart. Dann wird alles gut.
Kinder, die in einer solchen sich ständig professionalisierenden Schule aufwachsen, entwickeln rasch eine Inkompetenzkompensationskompetenz. Das wiederum ist das Schöne der Neuen Medien und der Neuen Kommunikation: Mitten zwischen Handy, SMS, Facebook, Twitter, Gruppenpuzzle und kooperativem Lernen lächelt die Klasse Sie liebevoll an und sagt Ihnen: „Machen Sie doch bitte mal ganz normalen Unterricht. Sie fragen und wir antworten. Versuchen könnten wir es ja mal. HDGDL. Ihre Klasse 6b.“