Kurzbiographie



geboren 7.4.1817 in Birkungen

bis 1831 Volksschule Birkungen

Gymnasium Heiligenstadt

1834-1840 Lehre der Porzellanmalerei bei Philipp Petri in Göttingen

1842-1845 Studium an der Kunstakademie München bei Julius Schnorr von Carolsfeld

1850-1903 Zeichenlehrer am Gymnasium Heiligenstadt

gestorben 29.1.1913





Johann Ignatz Hunold (7.7.1767-7.4.1825), Ackermann (Oekonom) aus Birkungen

Maria Dorothee Büschleb (22.9.1770-30.1.1845)

Bartolomäus Montag

Johannes (1.2.1802 - 22.5.1873)

Franz (10.1.1804 - 11.2.1883)

Anna (*21.9.1806)

Maria Theresia (*28.7.1809)

Maria Elisabeth (5.9.1811 - 14.11.1893)

Philipp (*30.1.1814)

katholisch

1855 mit Josepha Juliane Kullmann (1830-1905) aus Breitenholz

Maria Theresia Margarethe (1856-1937)

N.N. (im frühen Kindesalter verstorben)

Hermann Joseph Georg (1865-1945), → Amtsrichter in Weißenfels

Würdigung

Joseph Hunold ist der Maler der kirchlichen Entwicklung des Eichsfelds der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er stammte aus dörflichem, aber durchaus gebildetem Hause. Sein zeichnerisches Talent wurde von seinem Onkel gesehen und gefördert, so dass ihm nicht nur gymnasiale Bildung in Heiligenstadt, sondern auch ein weiter führendes Studium in Göttingen und später im künstlerisch aufblühenden München möglich war. Seine künstlerischen Ambitionen ordnete sein bescheidenes und gläubiges Wesen jedoch dem Dienst an Familie und Heimat unter. Zu seinem späteren stattlichen Vermögen trug vor allem die Porträt-Malerei bei – in München die der bayrischen Landtagsabgeordneten, im Eichsfeld die der Gutsbesitzer. Seinen Namen machte er sich jedoch als freundlicher wie pflichtbewusster Zeichenlehrer am Gymnasium und als Maler vieler Altarbilder, Kreuzwege und anderer religiöser Bilder des Eichsfelds. Er stellte 1848 das Bild „Jephtas Tochter“ bei der Weltausstellung der Berliner Kunstakademie aus und erhielt vom Eichsfelder Klerus den Auftrag zur Ausmalung der Pauluskapelle in Damaskus, deren Altarbild wohl sogar den aktuellen syrischen Krieg zu überleben scheint.

Biographie

Birkungen und Heiligenstadt 1817 - 1834

Joseph Hunold erblickte an einer bewegten Zeitenwende das Licht der Welt: 1817 gehörte sein Geburtsort Birkungen im Eichsfeld seit 2 Jahren zum Königreich Preußen, vorher 15 Jahre zum Königtum Westphalen, bis 1802 zum geistlichen Kurfürstentum Mainz. Im Nachlass seines Sohnes Hermann findet sich ein Griechisch-Lehrbuch von 1777, das entweder Joseph Hunolds Vater Johann Ignatz Hunold oder seinem Großvater väterlicherseits gehört haben muss – ein Zeichen dafür, dass die Familie nicht nur gläubig, sondern auch gebildet war. Die Mutter Dorothea Büschleb war eine Kaufmannstochter, wahrscheinlich die Tochter des damaligen Dorfschulzen.

Von Joseph Hunold ist ein Griechisch-Lehrbuch von 1777 über Sohn Hermann und Enkelin Maria Regina überliefert. Es ist ein beredtes Zeichen einer Bereitschaft zu philologischer Bildung. Vergessen wir nicht, dass die Herausbildung der deutschen Sprache erst noch die Verankerung in der Bevölkerung suchte. Der 1774 von Kaisern Maria Theresia entschiedene "spätbarocke Sprachenstreit" um eine einheitliche deutsche Schriftsprache hatte mit Johann Christoph Gottsched zwischen Berlin, Leipzig und Weißenfels nicht allzu ferne Kulminationspunkte. Die Genese der deutschen Schriftsprache fußte auf den grammatisch geordneten Schriften des griechischen bzw. lateinischen Altertums. Zugleich waren die Birkunger Familien wie viele Familien des Eichsfeldes überzeugte Träger einer katholischen Lebensart, die sich dem napoleonischen Kahlschlag des Religiösen und den konfessionellen Neuordnungen des Wiener Kongresses 1815 nicht einfach fügten, sondern katholisch leben wollten. Briefe und Gebetbücher aus dem Nachlass geben Zeugnis davon, wie Joseph Hunold von Anfang an intensiv mit dem Kirchenjahr lebte.

Der Bruder der Mutter, Criminaldirector Edmund Büschleb, förderte früh den künstlerisch begabten Joseph und holt ihn nach dem Abschluss der Dorfschule zu sich nach Heiligenstadt, wo dieser dann beim Zeichenlehrer Möbes am dortigen Gymnasium unterrichtet wurde. Als der Heiligenstädter Porzellanmaler Philipp Petri nach Göttingen zog, empfahl Büschleb diesem, seinen Neffen dort zu unterrichten.

Göttingen 1834 - 1840

In Göttingen studierte Joseph Hunold nicht nur die Malerei, sondern kam im Hause des Gynäkologen Prof. Dr. med. Eduard von Siebold nicht nur mit dessen Tochter Agathe in Kontakt, sondern wohl auch mit deren Verehrer Johannes Brahms und anderen Größen seiner Zeit wie Clara und Robert Schumann, Carl Friedrich Gauß, Justus von Liebig und anderen.

Als Philipp Petri sich 1840 der Photographie zuwendete, machte Joseph Hunold sich mit einem Empfehlungsschreiben zu Fuß auf den Weg nach München - ausgerechnet in dem Jahr, in dem sein Gymnasium in Heiligenstadt ein "Preußisches Katholisches Gymnasium" wurde.

Im Nachlass findet sich aus dieser Zeit eine Art Ausstellungskatalog mit kritischer Würdigung derselben aus Hildesheim. In diesem Katalog geht es durchweg um Kunstkritik der niederländischen Schule (des "Goldenen Zeitalters"), die aus heutiger Sicht meist wenig rational scheint. Trotzdem konnte der junge Joseph Hunold zum ersten Mal nachlesen, wie über Kunst geschrieben wurde. So war er nicht allein darauf angewiesen, wie die idealistische Prominenz im Hause Siebold über Kunst sprach. Sein Onkel Edmund Büschleb machte ihm zudem ein wertvolles Heraldik-Kompendium zum Geschenk, eine Art Who is Who seiner Zeit. Wer im Gespräch sein oder mitreden wollte, musste wissen, welche Familien etwas zu sagen haben. So fehlt zu den bisher geschilderten Grundpfeilern seines Lebens Bildung, katholische Frömmigkeit, Liebe zur Kunst und gesellschaftliche Orientierung eigentlich nur noch die intensive (romantische) Verbindung zur Natur, insbesondere der Eichsfelder Landschaft.

München 1840-1845

Laut Maria Kaman wanderte Joseph Hunold zu Fuß über Nordhausen, Halle, Dresden, Chemnitz, Bayreuth und Regensburg nach München. Dort traf er auf die Blütezeit der sogenannten Nazarener, einer Stilrichtung, die die vor allem religiöse Empfindung in die zuvor technisch dominierte Malerei hineinbrachte. Der Eichsfelder Jungmaler erlebte hier unter König Ludwig I. die Kraft und die Bedeutung der Malerei für die Restauration Bayerns, oder wie der Romantiker sagen würde: der bayrischen Seele. Mit Heinrich Maria Heß und Julius Schnorr von Carolsfeld hatte er ab 1842 zwei ausgesprochen prominente Lehrer in den knapp vier Jahren seiner Zeit auf der Kunstakademie. Um sich diese Zeit finanzieren zu können, porträtierte er die bayrischen Landtagsabgeordneten. Das Geld verwendete er nicht nur für sein Studium, sondern sparte für eine beabsichtigte Reise nach Rom, das Zentrum der Katholischen Kirche und den ersten Blüteort der Nazarener-Kunst. Doch zu dieser Romreise kam es nicht, da er "aus familiären Gründen" (Kaman) zurück nach Heiligenstadt reiste. Naheliegend nach einem Blick auf die Daten weiter oben ist, dass der Tod seiner Mutter der Grund für die Rückkehr war.

Joseph Hunold erwarb 1840 über 40 Schabdrucke des Kupferstechers und Schabkünstlers Johann Jacob Haid und ließ sie sich zu einem Buch binden. Vordergründig dienten sie ihm zum Studium der Porträt-Gestaltung (Posen, Einfassung, symbolische Gegenstände, Hintergrund, Heraldik). Inhaltlich finden wir aber auch eine Auswahl um Gottsched und Wolff, eine polyglotte Zusammenstellung mit Zentrum Leipzig, die die frühe Aufklärung in vielen Facetten wiederspiegelt. Die Blätter werden nicht ganz billig gewesen sein, konnte Haid im 18. Jahrhundert doch nur kleine Auflagen herstellen. Die Schabdruck-Technik bot ihm im Gegensatz zum Kupferstich aber die Möglichkeit, Nuancen zu studieren und zugleich eine beträchtliche Anzahl von Blättern zu erwerben. So konnte er dem Bedarf der Zeit folgend Individuen nicht nur nach einigen wenigen Merkmalen wie zum Beispiel der Nasenform gestalten, sondern quasi ein Gefühl für eine lebendige Persönlichkeit in das Gemälde hineinmalen.

Auch in seiner Münchener Zeit hat Joseph Hunold Ausflüge in die Natur unternommen. September 1841 erscheint er als Gast in der Goldenen Traube in Augsburg. Im Nachlass findet sich ein von Joseph Hunold erworbenes Gemälde mit alpinem Landschaftsmotiv, das er 1:1 zu kopieren versuchte. Die zahlreichen Übermalungen zeigen, dass er sich in der Landschaftsmalerei noch als Anfänger fühlte. Das gleiche zeigt ein Versuch, ein Gemälde im Stil der niederländischen Schule zu erstellen: Auch hier sind Unsicherheiten im Gebrauch von Farben und Nuancen sichtbar. Beide Versuchsgemälde befinden sich im Nachlass.

Das Geld, das er mit den Porträts verdiente, muss eine beträchtliche Summe ergeben haben. Nicht nur Kindern und Enkeln ließ er gezielt Geld zu Ausbildungs- und Reisezwecken sowie in Notzeiten zukommen, auch im dauerhaften Wohnort Heiligenstadt konnte er sich gesellschaftlich engagieren und hier und da auch Not lindern helfen.

Maler und Kunstlehrer in Heiligenstadt

Hunold begann in Heiligenstadt, wie er in München aufgehört hatte: Er porträtierte Gutsbesitzer und bedeutende Persönlichkeiten. 1848 präsentierte er sein aufwendig gerahmtes Gemälde "Jephtas Tochter" in der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. 1850 wurde Joseph Hunold Zeichenlehrer in Heiligenstadt und beerbte damit seinen Lehrer Möbes. Er heiratete 1855 Josepha Kullmann aus Breitenholz, die ihm drei Kinder schenkte, von denen das zweite aber schon mit knapp zwei Jahren starb. Zusätzlich zu seiner Tätigkeit am Gymnasium trat er Möbes' Erbe auch in der Bürgerschule neben Heinrich Kellner an, einem Schüler Pestalozzis. Der Versuch einer neuartigen beruflichen Bildung blieb aber jedoch ein mühsames Geschäft, wahrscheinlich auch ein finanzielles Wagnis.

Spätestens in den 1870ern nahm er Aufträge zur Ausmalung Eichsfelder Kirchen an. 1873 war er wohl - teilweise auf eigene Kosten - an der Restauration an der "Maria im Elende" in seiner Pfarrkirche engagiert, dokumentiert sind Altarbilder in Geisleden 1877, Döringsdorf 1880, Röhrig 1885 und Birkungen 1885. Als eines seiner Hauptwerke gilt die "Verkündigung Mariae" im Chor der Liebfrauenkirche in Heiligenstadt. Bemerkenswert ist auch die Ausmalung der Pauluskapelle in Damaskus, die Hunold im Auftrag und als Geschenk des Eichsfelder Klerus anfertigte. Sein Markenzeichen auf den Großgemälden war das schlichte "Hunold pinxit".

Bemerkenswert ist ebenso Hunolds Aufmerksamkeit für das gesellschaftliche Leben in Heiligenstadt. Seine fromme Frau Josepha unterstütze ihn offenbar nach Kräften dabei, sowohl was gesellschaftliche Anlässe anging als auch caritative Engagements. Die Hunolds lebten nicht schlecht, zeigten sich aber immer der Stadtgesellschaft und Menschen in Notlagen verpflichtet. Joseph nutzte auch die Möglichkeit zu regelmäßigen Wanderungen in die Landschaft rund um Heiligenstadt und ins Umland und hielt seine Eindrücke gelegentlich malerisch fest. Am 1. November 1900 beging das Gymnasium Heiligenstadt sein 50. Dienstjubiläum mit einem großen Festakt, zu dem zahlreiche ehemalige Schüler kamen. Mindestens zwei von ihnen waren ja mittlerweile auch Kollegen. Schon zur damaligen Zeit sei ein 83jähriger Lehrer eine große Ausnahme, schrieb Direktor Brüll im Bericht zum Schuljahr 1900/01.

Kurz vor der goldenen Hochzeit verstarb 1905 seine geliebte Ehefrau. Joseph Hunold starb am 29. Januar 1913 in Heiligenstadt

Zu seinen Namenstagen 1846 und 1848 schenkte Edmund Büschleb seinem Neffen zwei teure Werke: Zuerst eine aktuellere Ausgabe der Heraldik, später dann Richard Pocockes dreibändige "Beschreibung des Morgenlandes und einiger anderer Länder" von 1792. In seinen Briefen an seine Enkelin, die dem geistlichen Stand zustrebt, finden sich Hinweise auf ein sehr enges Verhältnis innerhalb der Lehrerschaft des Gymnasiums, aber auch ein ausgeprägtes Harmonie- und Ansehensbedürfnis gegenüber allen Heiligenstädtern, genauso innerhalb der Familie. Die Musik wurde gepflegt in der Familie, genau wie der Witz und die Fröhlichkeit im Allgemeinen. das könnte vielleicht auch ein Grund für sein hohes Lebensalter gewesen sein. Seine Tochter Maria übernahm das Interesse am gesellschaftlichen Leben und berichtete minutiös, aber dafür mit weniger Satzzeichen davon. Sie heiratete in die Familie Vatteroth hinein. Sohn Hermann wurde Amtsrichter in Weißenfels und führte das Andenken an das Werk seines Vaters fort, indem er Bücher und Bilder seines Vaters in einem Nachlass zusammenführte. In diesem Nachlass finden sich unter anderem auch vier großformatige, unsignierte Porträts der Kernfamilie, die er nach einem Besuch bei einem Erfurter Photographen auf Vorlage der entstanden Bilder anfertigte.

Zu guter Letzt

Dokumente

1. Brief Joseph Hunold 1886 an Enkelin Maria Regina

2. Brief Joseph Hunold 1892 an Enkelin Maria Regina

3. Brief Joseph Hunold 1911 an Enkelin Maria Regina

4. Brief Joseph Hunold 1912 an Enkelin Maria Regina

Sekundärquellen

  1. Apel, Augustin: Eichsfelder Tageskalender vom 7.4.1926
  2. Fischer, Raimund: Joseph Hunold. In: Eichsfelder Lebensbilder, Band 1, hrsg. von Torsten W.Müller, Cordier 2021, S.66 - 74
  3. Gröger, Josef: Zur Geschichte der theoretischen Berufsausbildung in Heiligenstadt von 1829 bis 1995. Ein Beitrag zur Stadt- und Schulgeschichte, Duderstadt 2020
  4. Kraman, Maria: Unvergessene Eichsfelder Bildhauer und Maler. In: Eichsfelder Heimathefte 1968, Heft 4, S. 211
  5. Mai, Hubert: Geschichtskalender Birkungen 2021. Eigenverlag
  6. Thieme-Becker, Künstlerlexikon, unbekannter Jahrgang (1932?), Artikel Hunold. Josef


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